Das würde bedeuten, der Drachen müßte sich während des Flugs, d.h. Gestänge, Shape, Waagesetup umtransformieren...ist leider noch nicht erfunden!
Das sieht dann so aus - die Spannweite schrumpft und ein quer zur Flugrichtung stehendes Profil bildet sich dynamisch aus:
Aber selbst wenn sich der Drachen derartig dem Wind anpasst, ist es stets spürbar, ob der der Wind gut oder schlecht ist. Bei ungleichmäßigem Wind rupft es dann zwar kaum an der Schnur, aber der Drachen fühlt sich weniger direkt an, als bei gleichmäßigem Wind. Das Fluggefühl leidet darunter, die Möglichkeiten hingegen nicht.
Als Hersteller habe mich lange gewehrt, überhaupt Windbereichsangaben zu machen und eher blumig umschrieben, was man unter welchen Bedingungen erwarten darf. Der Hauptgrund dafür ist die mangelhafte Messmöglichkeit. Die Messtoleranz von Messgeräten bezieht sich stets auf deren maximalen Messbereich. Damit gibt es am Markt kein Windmessgerät, dass in der Lage ist, den untersten Windbereich eines Standards oder SULs, der nicht mehr als 2 km/h voneinander abweicht, messtechnisch zu unterscheiden. Speziell unerfahrene Drachenflieger erweisen sich gerne als "Datenblattvergleicher" und "Drachentestleser". In beiden Fällen wird versucht, komplexe Eigenschaften in simple Zahlen zu pressen. Mit den angegebenen Windbereichen bekommt diese Zielgruppe, was sie verlangt. Üblicherweise reichen diese Windbereiche herstellerübergreifend von "lässt sich mit viel Bewegung in der Luft halten" bis "schlägt vielleicht mit den Flügeln, platzt aber gerade so noch nicht" und natürlich wird nun sicher gleich jemand aufbegehren, dass dies bei ihm nicht so währe. Erfahrene Drachenflieger fragen nach meiner Erfahrung niemals nach dem Windbereich. Sie wissen, wann ein Standard fliegen sollte und wann man besser auf einen Ultralight wechselt. Vor einigen Jahren erreichte mich eine Anfrage der Kite&Friend nach einer tabellarischen Zusammenfassung meiner Produktpalette. In der Vorlage gab es doch allen Ernstes eine Spalte "Windbereich". In diesem Zwiespalt gab ich einmal den üblicherweise angegebenen maximalen Windbereich an und zusätzlich den "Wohlfühlwindbereich" - abgedruckt wurde nur der maximale Windbereich. Beide Werte beziehen sich natürlich auf vernünftigen Wind und nicht auf "Marktplatzturbulenzen". Ich halte nichts davon, Messwerte für Messgrößen anzugeben, die man nicht mit einer angemessenen Präzision ermitteln kann. Zeigt ein Windmaster beispielsweise 10 km/h an, ist das immer ein Durchschnittswert, der aus permanent 10 km/h bestehen kann, aber auch aus vorwiegend 5 km/h mit vielen kleinen Böen von 30 km/h. Natürlich fliegt sich beides unterschiedlich. Weitere Faktoren sind Temperatur und Luftdruck. Diese bleiben bei Windbereichsangaben komplett unbeachtet, da Windgeschwindigkeit eben nur die Geschwindigkeit der Luftbewegung ist und keinen Rückschluss auf den daraus resultierenden Druck pro Flächeneinheit zulässt. Um echte Vergleichsgrößen zu haben, müsste der Druck am Segel in Pascal erfasst werden - so lange das technisch nicht sinnvoll möglich ist, ist die Diskussion über Windbereiche eine ziemlich müßige Angelegenheit. Selbst wenn man alle Hersteller diesbezüglich "eichen" würde, währe das gegenseitige Überbieten und die Angabe immer optimistischerer Werte nur eine Frage der Zeit.
Zum Thema Eigenbewegung:
Für mich ist es praxisfremd, einen Drachen wie ein Duracellteddy mit den Händen in der Luft rudernd zu fliegen - ich kenne nur einen Piloten, der das im Trickbereich in beeindruckender Weise perfektioniert hat. Allgemein erfordern Sportlenkdrachen Bewegung. Wieviel, ist stark pilotenabhängig und auch abhängig davon, wie ein Trick aussehen soll. Ich kann mit einem Standard bei 30 km/h (und auch darüber) ohne Eigenbewegung eine Axelkaskade von ganz oben bis ganz unten runterkloppen. Möchte ich aber, dass der Trick weniger brutal aussieht, muss ich mich dafür bewegen. Wie sollte man das in eine Windbereichsangabe integrieren? Auch ob es erforderlich ist, auf den Drachen hinzu zu sprinten, ist extrem pilotenabhängig. Durch erhöhte Impulsgeschwindigkeit, perfektes Timing und Härte kann man einige Meter sparen, durch reine Armlänge auch.
Gruß
Heiko