Moin!
Nach längerem mitlesen hier im Forum beginn ich heut mein Bautagebuch zum Bau eines Rev Vierleiners. Mein Name ist Lasse und ich komm ursprünglich von der Nordseeküste. Dort gehört es zu jeder Kindheit dazu, jedes Jahr aufs neue einen Lenkdrachen zu schrotten, zu versuchen ihn zu reparieren, nur um ihn dann wieder senkrecht in den Boden zu rammen. Das hatte schon ein bisschen was mit Leidenschaft zu tun und beschreibt auch meinen gesamten Erfahrungshorizont mit Drachen.
Vor kurzem wollte ich mal wieder, geschuldet durch Langeweile und einer starken Brise vor der Tür, einen schnöden Einleiner der Variante Klassiker bauen. Bei der Recherche nach einem schönen Plan stoß ich dann auch irgendwann auf die beiden Videos auf youtube von Revolution Kites die wohl jeder hier kennt: das und das hier
Der Einleiner war vergessen, neuer Plan: so ein Ding muss her! ..200€? Nur der Drache? Ohne alles? ..No way! Mir war gar nicht bewusst wie teuer Drachen sein können. Und auch, dass ein wirklicher Sport, ein ernst zu nehmendes Hobby dahinter steckt, war mir so gar nicht bewusst (soviel zum Thema Aldibomber). Also begann erstmal das Abgrasen von ebay, ebay Kleinanzeigen und dann schlussendlich von der Börse hier. Irgendwo muss son Ding doch günstiger zu ersteigern sein. Fehlanzeige. Alternativen bekamen nur schlechte Kritiken, das Original erschien als zwingend notwendig für die richtige Portion Spaß. Die günstige Variante von feine-drachen erschien als mögliche Alternative, aber die Designs waren nicht so meins und zu dem Zeitpunkt hatte mich das Thema Eigenbau schon so sehr infiziert, dass ich die folgenden Tage dazu alle möglichen Informationen aus dem Netz und insbesondere aus dem Forum hier saugte.
Dann postete Ghostbuster seine Baudokumentation, die nahezu alle restlichen Informationslücken schloss und der Entschluss stand fest: ich bau mir son Ding selbst!
Zuerst musste ein Plan her. Schnell fand ich Pläne für den Rev 1.2b. Allerdings waren die Informationen dazu weit zerstreut und lückenhaft, klärten nicht alle Fragen. Vorallem die Frage: warum nen 1.2b bauen, wenn man gleich nen 1.5 bauen kann? An Pläne dafür ranzukommen erwies sich als schwerer, jedenfalls aus frei zugänglichen Quellen. Hier nochmal ein Dank an meine Quelle für die Pläne!
Vorher hatte ich aber alle Pläne die ich so gefunden habe mal in eine Datei gestopft, auf die Segelkontur reduziert und übereinander gelegt. Das Ergebnis:
Dadurch erklärten sich für mich, der noch nie einen Rev in Natura gesehen hat, viele der Kommentare über die verschiedenen Modelle.
Als nächstes fing ich dann an mir einen Kopf über das tatsächliche Bauen zu machen. Was brauch ich für Werkzeug? Was brauch ich für Baumaterialien? Das ergab eine lange Liste. Angefangen habe ich dann mit dem Wichtigsten für den Drachenbau: einer Nähmaschine.
Zuerst wurden sämtliche Möglichkeiten abgeklappert, von Familie über Freunde und an sämtlichen Orten von Dachboden bis Keller, für Lau an eine Nähmaschine zu kommen. Leider ergab das nichts Zufriedenstellendes. Zwar fand ich eine bei meiner Freundin aufm Dachboden, die konnte allerdings lediglich einfaches ZickZack. Auch hatte mein Vater in seiner Raumausstatter Werkstatt einige Industriemaschinen stehen, die waren aber alle nur für Geradestich konzipiert. Also beging die längere Recherche nach einer Nähmaschine, die am besten gebraucht unter 100€ abzugreifen war.
Irgendwann sah ich mir dann nochmals die Baudoku von Ghostbuster genauer an, mit Blick auf die Nähte und schwupps war ich verknallt in den Wellenstich. Dadurch fiel dann irgendwann die Wahl auf die Bernina 730. Wellenstich, check. Alles Mechanisch, check. Günstig zu haben, check.
Nach ein paar Wochen des Stalkens von ebay und ebay Kleinanzeigen, gabs ne Anzeige ohne Preisvorstellung - anstatt der utopischen 180€ bis 300€. Schnell angeschrieben. Kein Zubehör, ausser Koffer, Tisch, Anlasser und ein Applikationsfuß - zu verschmerzen und gutes Argument den Preis zu drücken. 80€ inkl. Versandkosten .. kann man machen.
Vor ein paar Tagen kam sie dann kreativ verpackt an, der Hermes Bursche freute sich:
Auffallend nach dem Auspacken war der penetrante Dachboden/Keller Geruch - ich taufte die Maschine deswegen auf den Namen: Muffi. Die Maschine war eindeutig auf den ersten Blick lange Zeit nicht mehr genutzt worden, kam aber aus Erstbesitz. Fingerscrossed, dass ich nicht 80€ in den Sand gesetzt habe..
Schmutzig, aber sonst in gutem Zustand, kaum Kratzer. Äusserlich, abgesehn vom Gestank, in Ordnung. Der Motor lief, der Anlasser funktionierte, die Lampe leuchtete und auch sonst schienen die grundsätzlichen Funktionen einwandfrei zu sein. Leider glaube ich, dass der Tisch nicht wirklich zu der Maschine gehört, da gewisse Spaltmaße doch etwas groß zu sein scheinen.
Ein paar Dinge brauchten ein bisschen Liebe:
- der Gesamte Innenraum war verschmutzt
- die obere Klappe ging nur mit fein dosierter Gewalt auf
- der Anschlag für die Nadelposition wollte nicht mehr einrasten
- der Anlasser quietschte massiv bei Betätigung
- die vordere Klappe wollte nicht richtig schliessen
- Verschmutzungen aller Art
Also hab ich mir einen schönen Basteltag gemacht, die Maschine mit dem Vorsatz: "Irgendwann schick ich dich mal zum Service", halb auseinander gebaut, geputzt und repariert. Und ganz nebenbei die Funktionen und Funktionsarten der Maschine erlernt.
Hier der Link zur kompletten Fotogalerie von der Schmuddel Bernina 730
Dann hab ich noch Nasenbaer0815 ein bisschen ausgequetscht was er an der Maschine an Nadeln und Garn nutzt (schaut euch mal seine Nähte in seinem Shop an, mies geil) und schon war ich bereit mal ein paar Stofffetzen über die Maschine zu ziehen. Was ich mir aufjedenfall noch holen werde, ist ein Applikationsfuss mit transparentem Fuss und eine LED Birne - die Glühfaden Birne wird schon nach kürzester Zeit tierisch heiß, so dass man ein Frühstücksei auf dem Gehäuse braten kann. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass diese Hitze direkt neben gleitenden mechanischen Bauteilen so geil ist und richtig wat sehen tut man auch nicht. Auch müssen unbedingt die Käbel für Anlasser und Netzteil ausgetauscht werden, die sehen nicht mehr so knorke aus - falls ichs als Ersatzteil finde, gibts auch gleich noch nen neuen Stecker für den Netzanschluss dazu (der ist leider etwas lediert).
Hier ein paar Fotos meiner ersten Nähversuche, die auch zeigen was die Maschine so kann, auch wenn man die meisten Stiche nicht nutzt zum Drachenbau:
dickerer, grober Stoff, einlaging
Jeansstoff, zweilagig
Wellenstich mit unterschiedlichen Stichlängen
Wellenstich mit bestimmten Stichlängen
Wellenstich mit 1,5er und 2,0er Stichlänge auf längerem Stoffstreifen
Versuch auf 6mm bzw 10mm Bahnen mittig zu nähen (die Bahnen sind nicht wirklich gerade)
Versuche Nähte zu beginnen (noch immer kein Plan wie man das hübsch macht) und Kurven zu nähen
Ein weiterer Versuch Kurven zu nähen
Heute soll noch eine Icarex Farbmusterkarte ankommen, dann gehts an das Entwerfen des Revs. Dabei bin ich noch nicht ganz ab davon Teile des Drachens zu färben, mit Hilfe der Technik aus diesem Forumsbeitrag der österreichischen Kollegen, mal sehen was die Geduld und der Geldbeutel dazu sagen.
Ein paar Sachen muss ich auch noch recherchieren:
- welche Leinen, welche Längen, woher beziehen
- welche Waageleine, woher beziehen
- Waagenmaße (ich hab etliche varianten für 1.5er im netz gefunden)
- Handlesmaße (werde die Handles ebenfalls selbst bauen, angedacht sind ein paar 13" und ein paar 15")
- werden Innenmuffen eingeklebt, woher bekomme ich passende für Aurel Agil
- wie setze ich eine Naht richtig an, Fadenfixierung
- etliche Konstruktionsdetails
Beim nächsten Beitrag werd ich dann wohl Designs vorstellen, bis dahin!
Lasse