In der Wissensserie X:enius bei Arte gab es Sa und Gestern am Mo. 10.6.13 eine 26 Min. dauernede Sendung über Luftbildarchäologie, in der die letzten 6 Min. KAP gewidmed sind. Einen Tag Dreharbeit - wenige Minuten Sendung. Man wollte unbedingt meinen alten selbstgebauten Flügelkasten fliegen sehen, bei äußerst grenzwertiger Witterung.
Man kann die Sendung noch im Internet ansehen. Link siehe unten.
Mein Kommentar zur Sendung:
O. Braasch und vor ihm I. Scollar haben die Archäologie mit hervorragenden Luftbildaufnahmen bereichert. Auch in Zukunft kann die Archäologie auf solch individuelle Luftaufnahmen nicht verzichten. Zu den anderen physikalischen Methoden wie Geomagnetik, Geoelektrik, Erdradar oder Laserscan ist das Luftbild eine unentbehrliche Ergänzung. Das gilt sowohl für die Prospektion, also der Suche nach unbekannten unterirdischen Bodendenkmälern, wie auch der Dokumentation und Erstdarstellung von Fundorten, die nur durch den an der Oberfläche liegenden Siedlungsschutt bekannt sind.
Eine weitere sehr wichtige Aufgabe hat das Luftbild bei der Grabungsdokumentation. Optimal sind Aufnahmehöhen von 3 bis 100 m. Satellitenaufnahmen sind hier unbrauchbar. Aufnahmen müssen jederzeit möglich sein.
Der Etat der archäologischen Institutionen lässt heute die Anschaffung und den Unterhalt von Großfluggeräten nicht mehr zu. Nur wenige Archäologen die einen Flugschein haben oder jemand kennen der einen hat, unternehmen schon mal Fotoflüge.
Warum besinnt man sich nicht auf eine Alternative Luftbildtechnik, bei der nur die Kamera in die Luft gehen muss, der Fotograf an Boden bleibt und die Aufnahme des mittels Funk übertragenen Sucherbildes kontrolliert. Ob die benutzte Drohne nun ein Kopter, Zeppelin, Ballon, Helikite, Drachen, Teleskopstab-oder -Mast ist, spielt keine Rolle. Einige dieser Techniken sind nach einigen Minuten Vorbereitungszeit voll einsatzbereit. Die Kosten liegen im Promillebereich der von Großfluggeräten. Drei Hubschrauberstunden kosten soviel wie meine vollständige Drachenluftbild-Ausrüstung. Der Drachen ist unter den Drohnen das gutmütigste und preiswerteste System. Meinen Kopter nutze ich nur zu etwa 3%.
Wenn man genügend Drachenflugerfahrung hat, lässt dieser sich fast überall, auch mitten in einer Stadt mit archäologischer Grabung, in die Luft bringen, um die Befunde zu dokumentieren. Mit Großfluggeräten ist das kaum möglich.
Die Drachenfotografie nennt man KAP = Kite-Aerial-Photography
Man verwendet nur Einleinerdrachen für KAP, die sind durch Umhergehen am Boden bedingt lenkbar. Oder der Wind aus wechselnden Richtungen kommend, wie am Aufnahmetag, bringt den Drachen in immer wieder andere Positionen. Die Windstärke lag an dem Tag bei 5 bis 7 Bft, also zeitweilig Sturm. Ein Kopter wäre dabei verloren. Ein Drachen, der dabei noch in der Luft bleibt, entwickelt derart starke Zugkraft, dass ich ihn nur mit einem 3:1 Verlängerungshebel (Power lever) an der Haspel wieder einholen kann. Auf einer Sequenz ist der Hebel zu sehen.
Normalerweise würde ich bei solch einem Sturm keinen Drachen fliegen lassen, aber das Team war nun gerade an diesem Tag aus Mainz angereist und wollte einen meiner Drachen in der Luft sehen.
Ist denn jemandem aufgefallen, dass der fliegende Flügel-Kasten-Drachen sogar von einer noch höheren Position gefilmt wurde?
Wie geht denn sowas?
Ganz einfach, ich verwende für die Grabungsdokumentation auch Einbein-Teleskopstative bis zu einer Höhe von 10 m. Hieran hatten wir eine Gopro Kamera montiert. Der Kameraassistent hielt das Teleskopstab-Stativ und ich konnte den Drachen bei dem starken Wind vor der Kamera tanzen lassen.
Ende Juli 2013 werde ich an der Uni Trier für Studenten der Altertumswissenschaften über einen ganzen Tag ein Seminar in Theorie und Praxis zur Drachen- und Teleskopstabfotografie abhalten. Wegen der regen Nachfrage wahrscheinlich sogar ein zweites mal.
Christian Credner - Credi
KAP und Luftbildarchäologie