Waage vernähen (Lenkdrachen)

  • Hallo zusammen,


    Mich würden eure Erfahrungen und Tipps zum Vernähen der Waage interessieren. Grund für diese Frage ist die aktuelle Aktivwaage an meiner Eigenkonstruktion mit so vielen Schenkeln, die alle mit Knotenleitern eingestellt werden. Dabei sind Bruchteile von cm schon ausschlaggebend. Bisher habe ich, um die Symmetrie zu erhalten und ein Verziehen zu minimieren, diese Knoten verklebt (Sekunden- oder 2Komponentenkleber), was ganz gut funktioniert, aber recht aufwendig und bei so vielen Prototypen auch recht teuer wird. Deshalb möchte ich jetzt mit dem Vernähen der Waage starten; meine Fragen:


    -Welche Waageschnur benutzt ihr (was für einen Kern, Zuglast)?
    -Welchen Stich (und welche Breite)?
    -Welche Nadel?
    -Welchen Faden?
    -Welche Spannung des Fadens(relativ gesprochen)?
    -Wie weit vernäht ihr?
    -Wie lang hält das bei euch? (bei mir scheuert eigentlich bisher nur der obere Schenkel, der auf die untere Spreize haut, durch, der Rest scheint ewig zu halten, sind die Vernähpunkte "Sollbruchstellen"?)
    -Macht ihr trotzdem einen Knoten bei einer normalen Schlaufe, also nicht Knotenleiter, oder reicht das Nähen (bei Prism früher wurde alles genäht und kein Knoten bei Schlaufen noch drauf gesetzt)?
    -Habt ihr Verzug bei vernähten Waagen beobachtet?
    -Was wollt ihr mit mitteilen, was ich nicht gefragt habe ;) ?


    Ich bin für jeden Tipp dankbar,


    Grüße
    Greg
    - Editiert von Gregg am 10.04.2012, 10:17 -

  • -Welche Waageschnur benutzt ihr (was für einen Kern, Zuglast)?
    Je nach Drachengröße und Zug, Dyneema gemantelt von 1,1 bis 1.5.


    -Welchen Stich (und welche Breite)?
    Zick-Zack-Stich je nach Schnur-Ø. Lieber etwas schmaler, da bei breitem Stichweiten oft der Dyneemakern nicht getroffen wird.


    -Welche Nadel?
    80-90er (Industriemaschine)


    -Welchen Faden?
    60er (60er Faden ist universell, mit dem kann man im Drachenbau alles nähen).


    -Welche Spannung des Fadens(relativ gesprochen)?
    Wie beim normalen Nähen sollte die Verschlingung des Ober- und Unterfadens in der Mitte des Nahtguts liegen.
    Oft muss dazu die Oberfadenspannung erhöht werden.


    -Wie weit vernäht ihr?
    Von einer 8cm Schlinge 6cm vernähen. Nahtverriegelung nicht nötig, wenn mit Feuerzeug verputzt wird. Man kann am Nahtanfang und -ende auch die Stichlänge verkürzen um so die Anzahl der Stiche zu erhöhen. Vor und zurücknähen bringt garnichts und sieht obendrein ziemlich hässlich aus.

    -Wie lang hält das bei euch? (bei mir scheuert eigentlich bisher nur der obere Schenkel, der auf die untere Spreize haut, durch, der Rest scheint ewig zu halten, sind die Vernähpunkte "Sollbruchstellen"?)
    Wenn das Spinnaker verwest ist, das Carbon zu Staub zerfallen und die Verbinder geschmolzen, werden sich Archäologen fragen, was die damals mit diesen komischen genähten Schlaufen gemacht haben, die man überall findet.
    Sollbruchstellen gibt es an Elektrolytkondensatoren, Eierhandgranaten und Schokoladentafeln; an Drachen haben die nichts zu suchen.


    -Macht ihr trotzdem einen Knoten bei einer normalen Schlaufe, also nicht Knotenleiter, oder reicht das Nähen (bei Prism früher wurde alles genäht und kein Knoten bei Schlaufen noch drauf gesetzt)?
    Kein Knoten. Klar reicht das Nähen. Im Gleitschirm-Bereich wird nur noch genäht. Leinen fürs Kiten sind auch genäht. Genähte Leinen haben höhere Bruchlasten als gleiche geknotet.


    -Habt ihr Verzug bei vernähten Waagen beobachtet?


    -Was wollt ihr mit mitteilen, was ich nicht gefragt habe [Zwinkern] ?
    Statt dem Knotenleitergedöns kann ich dir diese schlanke und in sekundenschnelle zu verstellende Schiebeknotenwaage empfehlen. Diese ist genauer und zuverlässiger als alles andere.




    À plus


    Steph/Elément'Air
    Calvados/France

  • Hallo Gregor,


    ich vernähe Waagen normalerweise nicht mehr, habe damit aber auch schon meine Erfahrungen gesammelt. Vernäht habe ich bislang meine 80er Edelrid und 130er HQ-Waageschnur. Als Stich verwende ich einen einfachen Zickzack mit Stichlänge 1,5 - 2 mm und für den mittigen Einstich in die Waageschnur sollte die Stichbreite genau dem Durchmesser der Waageschnur entsprechen. Am einfachsten lässt sich das nähen, wenn du einen Schlitz in ein Stück dicke Pappe machst und dort die Schlaufe einlegst. Sie kann dann seitlich nicht verrutschen und du triffst mit jedem Stich die Schnur. Eine einfache Vernähung über 50 mm mit Anfangs- und Endriegel reicht in der Praxis. Bezüglich der Maßhaltigkeit sind Knoten und Sekundenkleber nicht schlechter, weil die Schnur beim Vernähen leicht gestaucht wird. Dies muss bei der Längenbestimmung berücksichtigt werden. Glaub nur nicht, dass du mit vernähten Schlaufen zeit sparst. Als Nadel verwende ich die billigsten Chinanadeln von Ebay in Stärke 80, mit denen ich anschließend noch einwandfreie Segel nähe. Als Garn verwende ich, was gerade in der Maschine ist - ausschließlich Serafil 80 und die Nähmaschine ist eine Bernina 950 mit Positionierantrieb, an deren Fadenspannung ich nach einmaliger Einstellung auf Spinnakertuch niemals wieder rumstellen musste.


    Gruß
    Heiko

  • vielen Dank schon mal Steph!
    Die Knotenalternative zur Knotenleiter ist mir bekannt und ich gebe dir in deinen Argumenten recht. Das einzige Problem, was ich dabei sehe ist die "Schnellverstellbarkeit" und Symmetrie.
    Zu meiner Waagegeometrie:
    Ich verwende eine Aktivwaage, d.h. ich habe eine Turbowaage an der noch ein zusätzlicher Aktivierungsschenkel dran ist. Desweiteren wird noch eine Fangleine und ein H-bar aka Yoyo-Leine verwendet. Um die Geometrie verstellbar zu halten benötige ich pro Seite 5 Knotenleitern mit jeweils 5 Knoten. So eine Aktivwaage richtig hinzubekommen benötigt sehr viel Zeit, da es einfach sehr viele Parameter gibt. Ich möchte dies schnell verstellen können und die Schiebeknotenwaage dauert bei meiner Tabsigkeit leider deutlich länger als die Knotenleitern oder es ist nicht symmetrisch.

    Mit Sollbruch meinte ich folgendes:
    Man vernäht die Waageschnur zu einer Schlaufe und macht dort die Knotenleiter rauf. Da der Abstand der beiden Leinen dadurch konstant minimal gehalten wird, ziehen sich die Knoten auch gleichartig fest. Jetzt wird ja auf die Knotenleiter eine Schlaufe(die dann ebenfalls vernäht ist) gesetzt mit Buchtknoten. Dieser liegt ja dann auf der Knotenleiter und auf dem Faden, der zum vernähen benutzt wurde. Nutzt sich das nun ab? Wenn sich die Knoten der Knotenleiter nach einer Weile endfest gezogen haben, ist ja die Funktion des Vernähens getan (nicht an der Schlaufe sondern an der Knotenleiter), sodass wenn der Faden durscheuert oder ähnliches die Knotenleiter trotzdem supersymmetrisch ist. Also nicht "Sollbruch" sondern "Fixierungsnaht für Knotenleiter, die ruhig abgerieben werden kann".
    - Editiert von Gregg am 10.04.2012, 14:05 -
    - Editiert von Gregg am 10.04.2012, 14:07 -

  • @ Heiko natürlich auch einen dank ;)


    Zitat

    Am einfachsten lässt sich das nähen, wenn du einen Schlitz in ein Stück dicke Pappe machst und dort die Schlaufe einlegst. Sie kann dann seitlich nicht verrutschen und du triffst mit jedem Stich die Schnur.


    Genau das war bei ersten Testläufen mein Problem. Werde ich bald mal ausprobieren, klingt sehr gut handlebar.


    Zitat

    Bezüglich der Maßhaltigkeit sind Knoten und Sekundenkleber nicht schlechter, weil die Schnur beim Vernähen leicht gestaucht wird. Dies muss bei der Längenbestimmung berücksichtigt werden. Glaub nur nicht, dass du mit vernähten Schlaufen zeit sparst.


    Ich muss auch ehrlich sagen, dass die KlebeMethode echt super funktioniert, nur halt eben recht teuer ist und ich auch dachte, dass Nähen schneller geht. Ohne eine Fixierungstechnik (kleben oder nähen) komm ich auf keinen Fall aus, da sich das übelst verzieht. Grad bei der Knotenanzahl meiner Waage, s. oben. Je mehr Knoten, desto schlimmer wird es. Langfristig will ich das eigentlich auch minimieren mit der Knotenzahl, jedoch änder ich immer Kleinigkeiten (Spannung der Leitkannten, Verbinder um 0.5cm verschieben und ähnliches) und "muss" dann immer gleich erstaunlich heftig mit der Waage reagieren :-O

  • Zitat

    jedoch änder ich immer Kleinigkeiten (Spannung der Leitkannten, Verbinder um 0.5cm verschieben und ähnliches) und "muss" dann immer gleich erstaunlich heftig mit der Waage reagieren [Biggrins]


    Das kommt mir sehr bekannt vor. Ich habe eine Zeit lang sehr viel mit Aktivwaagen gearbeitet (klassische Konstruktion nach Andy Wardley mit Stabilisator und Aktivator). Wenn ich die Waage nach einem Tag mit Knotenpulerei perfekt glaubte und mit wunden Fingern und einem Grinsen die Wiese verließ, kam das große Entsetzen beim nächsten Flug. Die Waage hatte sich nicht verstellt, alles saß noch an Ort und Stelle, aber der Geier flog nicht mehr vernünftig, weil der Wind komplett anders war. Vor allem bei wechselnden Wiesen fiel das auf. Nach vielen jahren mit immer neuen Versuchen habe ich das Konzept endgültig abgeschrieben und Dreipunktwaagen verwendet, die ohne Änderungen bei nahezu jedem Wind genau das tun, was sie sollen. Seit dem bringt mich nichts und niemand mehr von der Dreipunktwaage ab.


    Sekundenkleber gibt es in allen Preisklassen und Gebindegrößen. Um Knoten zu fixieren reicht der billigste in der Megaflasche. 2K-kleber würde ich dafür nicht nehmen. Einerseits ist das sehr aufwendig und zum anderen bekommst du den Kleber nicht in die Schnur. Um den Knoten wirksam zu fixieren benötigst du deshalb oberflächlich recht viel Kleber und es brauch ewig zum aushärten. An meinen Schnurkreuzen verwende ich seit gut 10 Jahren Sekundenkleber und konnte noch nicht feststellen, dass die Schnur damit irgendwelche Probleme hätte.


    Gruß
    Heiko
    - Editiert von Heiko... am 10.04.2012, 17:04 -

  • Zitat

    Das einzige Problem, was ich dabei sehe ist die "Schnellverstellbarkeit" und Symmetrie.


    Also gerade was die schnelle Verstellung der Waage angeht ist der Verschiebeknoten unschlagbar. Das geht für kleine Veränderungen auch ohne nachmessen, da der Knoten eben nur um den entsprechenden Betrag auf der Leine geschoben werden muss und man sehr gut Abschätzen kann, wie weit man schiebt. Ich habe schon öfter den halben Tag mit Testen und Verschieben verbracht und beim abschliessenden Nachmessen nur minimale Unterschiede von einigen mm gehabt.
    Aber tu dir das ruhig an mit der Knotentüddelei, wenn es dir besser liegt. ;)
    Ansonsten halte ich es mit Heiko: Am Ende läuft es doch immer wieder auf eine Dreipunktwaage raus. KISS - Keep it small and simple. :)

    À plus


    Steph/Elément'Air
    Calvados/France

  • Hehe, ja ja, die Gedanken kenne ich :-). Ich habe auch immer eine Dreipunktwaagevariante meines Kites, die ebenfalls ständig weiterentwickelt wird. Wenn ich dann mal leute meine Shy (so der Name des Drachens) fliegen lasse gebe ich denen immer die 3pkt-Waagevariante und nie das Aktivding, aus eben den beschriebenen Gründen.


    Zitat

    und mit wunden Fingern und einem Grinsen die Wiese verließ


    Genau diese Momente sind es, die mich da weitermachen lassen. Es gibt Settings und Bedingungen wo die Aktivwaage unglaubliches leistet. Grad wenn man dann zwei identische Drachen, die sich nur in der Waage unterscheiden, nacheinander fliegt und der mit der Aktivwaage sowas von mehr Druck und ein gefühlt doppelt so großes Windfenster hat, kann ich das nicht ganz aufgeben.




    Zitat

    Also gerade was die schnelle Verstellung der Waage angeht ist der Verschiebeknoten unschlagbar.


    Ich habs echt probiert :=( , kann durchaus sein, dass es ein Bedienfehler meinerseits ist, aber es wird asymmetrisch bei meinen Drachen, wenn ich zu hause nachmess, immer ! :L
    Fixierte Knotenleiter bin ich auf der sicheren Seite.. Ich werd das Vernähen mal ein bißchen testen jetzt inkl. euren Tipps und einfach sehen, ob es klappt oder nicht. Für mich ist sowieso der größte Reiz bei unserem Hobby alles mögliche bei meinem Drachen auszuprobieren, also kommt her ihr blöden asymmetrischen Schenkel, ich mach euch fertig 8-)



    Zitat

    2K-kleber würde ich dafür nicht nehmen. Einerseits ist das sehr aufwendig und zum anderen bekommst du den Kleber nicht in die Schnur


    da kommt es auch auf den verwendeten Kleber drauf an. Den ich fürs Drachenbauen benutze, wird gleich in einer Mischpistole geliefert und ist in 5min trocken an sonnigen Tagen oder im Ofen. Ich mache mir Markierungen auf die Waage, wo die Knoten sitzen müssen und klebe den gesamten(!) Bereich mit 2K-Kleber -also innen und außen vom Knoten ist Kleber. Dann habe ich noch ein paar Minuten, um das festzuziehen. Verändern tut sich an solchen Knoten dann absolut nichts mehr.

  • Mal noch ne Frage: Ich hatte am Wochenende einen TNT in der Hand und da ist die Waage weder geknotet noch vernäht sondern äh geklemmt? Sieht jedenfalls aus wie mit Schrumpfschlauf fixiert. Was ist das denn genau für Zeug und wo bekomme ich das? Ich habe die Hoffnung dass man damit schneller und präziser arbeiten kann.

  • Ich habe bei Alphakites folgendes Bild gefunden:



    (hoffe es ist ok, wenn ich das hier verlink)


    Mich würde auch interessieren, was dies für ein Material ist (und wie präzise man damit arbeiten kann).
    Erste Vernähversuche der Waage sind btw übrigens sehr positiv verlaufen ;)

  • Das ist ein dünner Schlauch. Man zieht die Schlaufe durch,
    macht ein paar Tropfen Sekundenkleber drauf und schiebt
    den Schlauch drüber. Hält bomben fest und zieht sich nicht
    wie es bei Knoten passiert.

    Gruß Florian

  • Zitat

    Ok, dann fehlt mir nur noch der passende Schlauch. Nie Idee wo ich den bekomme?


    [Schleichwerbung an]
    Ist dir schonmal die Idee gekommen, dort nachzufragen, wo dieser Schlauch zum Bau von Waagen verwendet wird und wo es auch die zum Schlauch passende Waageschnur gibt?
    [Schleichwerbung aus]


    Gruß
    Heiko

  • [Schleimmodus an]
    Lieber Heiko, könnte ich Waageleine und Schlauch direkt von der Quelle bekommen? :D
    [Schleimmodus aus]


    Ich hab schon dran gedacht bei dir nachzufragen, oder bei Mathias, den ich ab und zu sehe (aber eben nur ab und zu). Bringt es was an die angegebene Mailadresse zu schreiben, oder landet das gleich im Spamordner?

  • Zitat

    Ich hab schon dran gedacht bei dir nachzufragen, oder bei Mathias, den ich ab und zu sehe (aber eben nur ab und zu). Bringt es was an die angegebene Mailadresse zu schreiben, oder landet das gleich im Spamordner?


    Die angegebene Mailadresse funktioniert und hält mir in der Tat einige Spammails vom Hals. Die Mails gehen darüber direkt an meine Privatmailadresse. An sonsten klappt es ziemlich sicher über das Kontaktformular oder heikopunkteikenbergädalphakitespunktde.


    Fairerweise möchte ich bemerken, dass diese Technik in Kombination mit einem Buchtkonoten auf der Leitkante perfekt hält, die Schlaufe selbst aber eine geringere Belastbarkeit hat, als eine mit herkömmlichem Knoten. Für Trickdrachen, auch solche mit viel Druck reicht es aus, an Speed- oder Powerkites dürfte es an seine Grenzen kommen. Dafür setzt sich der einmal angefertigte Schenkel nie mehr.


    Gruß
    Heiko