Strömungsverhältnisse am Lenkdrachen

    Salut,


    im Rahmen meiner beruflichen Tätigkeit, die unter anderem auch die Entwicklung und den Bau von Lenkdrachen einschließt,
    habe ich mich in diesem Winter mit einigen Versuchen zur Untersuchung der Strömungsverhältnisse am Lenkdrachen befasst.
    Mit einer einfachen Ausrüstung, (Lenkdrachen mit Strömungsfäden und Mini-USB-Cam bestückt), wurden Aufnahmen im Flug gemacht,
    die später am PC ausgewertet wurden. Dabei erhebe ich keinen Anspruch auf wissenschaftliche Form und Genauigkeit einer solchen
    Studie, was meine bescheidenen Kenntnisse in Physik auch nicht erlauben würden.


    Auch geht es nicht um eine weitere Diskussion zu den diversen Flügel-Strömungs-Theorien.
    (Wen es interressiert: Hier zwei gute "seriöse" Seiten:
    http://www.diam.unige.it/~irro/lecture_d.html
    http://www.grc.nasa.gov/WWW/k-12/airplane/kiteaero.html


    Es geht einfach nur darum, den Horizont zu erweitern und vielleicht auch neue Wege beim Bau von Lenkdrachen zu finden.
    Einen Teil dieser Versuche und die nicht uninteressanten Erkenntnisse möchte ich hier zur Diskussion freistellen.


    Einen kompletten Bericht, die Versuchsbeschreibung und einige persönliche Bemerkungen als PDF gibt es: Hier


    Als wesentliche Ergebnisse habe ich eine Strömungskarte der Bauch- und Rückseite des Drachens erstellt.
    Bauchseite:

    Rückseite:


    Und hier noch eines der Videos die als Grundlage der Beobachtungen dienten:
    (Vorsicht, Volumen runterdrehen :) )
    Video


    (Falls es unerträgliche Fehler gibt bitte melden, wird dann verbessert.) 8-)

    À plus


    Steph/Elément'Air
    Calvados/France

    sehr fleissig, sehr schön!


    nun bin ich auf weitere messergebnisse gespannt.
    -was passiert, wenn sich der bauch des segels ändert
    (längere/kürzere UQS)
    - änderungen bei anderem anstellwinkel zum wind


    usw.


    ein bravo für den sehr guten ansatz.
    ich freue mich auf weitere infos.

    ist vielleicht ein bißchen einfach gedacht :( , aber wenn ich die Richtung der laminaren Strömung sehe, können zwei Nähte mehr wie z.B. bei einer 4-Paneele-WH zu einer 2-Paneele-Wilden Hilde keinen wesentlichen Unterschied machen, weil die Nähte in paraleler Richtung zur Strömung sind, oder? :(

    Zitat

    ...dann verformt sich das Segel anders wie wenn du keine Naht hast.


    das versteh ich, also (übertrieben) statt runder Bauch ein spitzer Bauch ;) . Aber würde eine Naht in Strömungsrichtung nicht wie eine Srömungsleitkante wirken? :(

    Zitat von Dominiknz

    Wenn es so gewollt ist ;)


    ok, alles klar :H: ;)


    Steph
    très bien :H: :H: :H:



    - Editiert von 2XWH am 17.03.2012, 22:01 -

    Hallo Steph,


    erstmal finde ich es prima, dass du deine Versuchsergebnisse mit der Öffentlichkeit teilst und dafür ein deutsches Drachenforum gewählt hast.


    Deine Testergebnisse und auch die Schlüsse daraus decken sich zu 100 % mit meinen Erfahrungen und sind eine anschauliche Darstellung bekannter Zusammenhänge. Speziell die Strömungen an schlanken Flügeln erklären die Effizienzsteigerung von Speedkites durch Winglets.


    Etwas irritiert bin ich von den segelrückseitigen Turbulenzen im Mittelpaneel. Ich hätte dort eine saubere Fortführung der Kanalisierung erwartet und frage mich, ob das Ergebnis möglicherweise durch den großen Mittelkreuzausschnitt (wie bei Blackbird, Veyron und diversen anderen) und daraus resultierenden Druckausgleich von Vorder und Rückseite des Segels beeinflusst wird.


    Eine weitere Frage wäre, wie sich die dicken Wollfäden auswirken (Eigenverwirbelungen), und ob 6 mm Icarexfäden, aufgeklebt mit 2 cm Doppelklebeband nicht zu besseren Ergebnissen geführt hätten.


    Wirklich interessant dürfte die nähere Betrachtung unter Trickaspekten sein. Spätestens dort dürfte aber der Messaufbau mit am Drachen befestigter Kamera am Ende und Full HD Aufnahmen mit gezieltem Trickeinflug vor der Kamera erforderlich sein.


    Gruß
    Heiko

    Zitat

    ist vielleicht ein bißchen einfach gedacht [Verunsichert] , aber wenn ich die Richtung der laminaren Strömung sehe, können zwei Nähte mehr wie z.B. bei einer 4-Paneele-WH zu einer 2-Paneele-Wilden Hilde keinen wesentlichen Unterschied machen, weil die Nähte in paraleler Richtung zur Strömung sind, oder?


    Der Einfluss der Nähte ist bedeutender in Hinsicht auf die Verformung des Segels, als auf den Luftwiderstand. Für den Luftwiderstand liegt dieser im Bereich nur weniger Prozente, so das es interessanter wäre, mit der reibungsarmen Formgestaltung des Gestänges anzufangen, als die der Nähte.


    Zitat

    Etwas irritiert bin ich von den segelrückseitigen Turbulenzen im Mittelpaneel. Ich hätte dort eine saubere Fortführung der Kanalisierung erwartet und frage mich, ob das Ergebnis möglicherweise durch den großen Mittelkreuzausschnitt (wie bei Blackbird, Veyron und diversen anderen) und daraus resultierenden Druckausgleich von Vorder und Rückseite des Segels beeinflusst wird.


    Hat mich auch einigermaßen überrascht, lässt sich aber auch gut erklären wenn man sieht, dass die auf der Flügelaußenseite laminar aufsteigende Strömung immer noch nahezu senkrecht zur Leitkante strömt, (wofür ich allerdings keine plausible Erklärung habe). Die Scheitellinie bildet dann eine recht scharfe Abrisskannte, hinter dieser es zu den Verwirbelungen kommt. Die Breite des Segels an dieser Stelle begünstigt sicherlich auch das Umschlagen zur einer turbulenten Strömung des Fahrtwindes im Kieltunnel.
    Für einen so deutlichen Einfluss ist der Mittelkreuzausschnitt hier, denke ich, noch zu klein. Aber in Grösse wie beim Blackbird spielt er sicherlich eine entscheidende Rolle.

    Zitat

    Eine weitere Frage wäre, wie sich die dicken Wollfäden auswirken (Eigenverwirbelungen), und ob 6 mm Icarexfäden, aufgeklebt mit 2 cm Doppelklebeband nicht zu besseren Ergebnissen geführt hätten.


    Ich habe auch mit Spinakerbändern verschiedener Breiten experimentiert. Es hat sich aber gezeigt das diese, wenn sie nicht schon in der zu erwartenden Strömungsrichtung aufgeklebt sind, auf Richtungswechsel unruhig reagieren, vermutlich, weil sie dann nicht mehr an der Wurzel anliegen. Um feinere Beobachtungen durchführen zu können, müsste man aber sicherlich auf etwas anderes ausweichen, da die verwendeten recht dünnen Wollfäden eine Art Eigenspannung besitzen und sich aufrollen, wie man es gut in der Ruhestellung sehen kann.


    Zitat

    Wirklich interessant dürfte die nähere Betrachtung unter Trickaspekten sein. Spätestens dort dürfte aber der Messaufbau mit am Drachen befestigter Kamera am Ende und Full HD Aufnahmen mit gezieltem Trickeinflug vor der Kamera erforderlich sein.


    Ich konnte mich natürlich nicht enthalten, und habe auch den einen oder anderen Axel, Fade und Lazy geschmissen. :-O
    Aber dann wird das Gewackel schon so heftig, das kaum etwas Vernünftiges beobachtet werden kann.

    À plus


    Steph/Elément'Air
    Calvados/France

    Dann musst du laaaaaaaaaaaaaaaaaaaaannnnnnnnnnnnggggggggggsam tricksen :-O
    ...Wirklich sehr interessant so etwas mal zu sehen...also vielen vielen dank für deine Arbeit :H: :H: :H:
    ...Ich persönlich denke das gerade dieses Wissen besonders gut für den Speedbereich nützlich ist und auch diese bzw. deine Messmethode in zukunft dort angewandt wird.

    Hallo Steph, eine wunderschöne Arbeit, sie gefällt mir sehr. Für meine Einleiner wünsche ich mir natürlich eine möglichst laminare Strömung auch auf der Segel-Rückseite. Denn das vergrößert den Auftrieb erheblich. Auch für Matten und Powerdrachen wäre eine beidseitig möglichst laminare Umströmung zu wünschen. Aber wie ist das bei Trickdrachen? Möglicherweise werden die bei rückseitig turbulenter Strömung viel beweglicher? Das müßte man wissen, wenn man einen solchen Drachen konstruiert.
    Gruß Hermann

    Zitat

    Hat mich auch einigermaßen überrascht, lässt sich aber auch gut erklären wenn man sieht, dass die auf der Flügelaußenseite laminar aufsteigende Strömung immer noch nahezu senkrecht zur Leitkante strömt, (wofür ich allerdings keine plausible Erklärung habe). Die Scheitellinie bildet dann eine recht scharfe Abrisskannte, hinter dieser es zu den Verwirbelungen kommt. Die Breite des Segels an dieser Stelle begünstigt sicherlich auch das Umschlagen zur einer turbulenten Strömung des Fahrtwindes im Kieltunnel.
    Für einen so deutlichen Einfluss ist der Mittelkreuzausschnitt hier, denke ich, noch zu klein. Aber in Grösse wie beim Blackbird spielt er sicherlich eine entscheidende Rolle.


    Das ließe sich durch Versetzen beider Standoffs nach aussen gegenprüfen. Werden die Standoffs nach aussen versetzt, müsste auch der Beginn der segelrückseitigen Verwirbelungen nach aussen wandern. Interessant wäre auch, ob beim Flug ohne Standoffs ebenfalls diese Verwirbelungen auftreten, also ob die Verwirbelungen durch die harte Abrisskante oder generell durch jegliche Bauchung entstehen.


    Der rechtwinklige Verlauf der Leitkantenanströmung an Segelvorder- und Rückseite zueinander lässt sich meiner Meinung nach mit der Kanalisierung ausgehend von der Nase hinreichend begründen und zeigt auch sehr deutlich, wie wichtig eine saubere Nasenausformung für die gesamte Segelanströmung ist, zumindest für Speedkites.


    Zitat

    Ich habe auch mit Spinakerbändern verschiedener Breiten experimentiert. Es hat sich aber gezeigt das diese, wenn sie nicht schon in der zu erwartenden Strömungsrichtung aufgeklebt sind, auf Richtungswechsel unruhig reagieren, vermutlich, weil sie dann nicht mehr an der Wurzel anliegen. Um feinere Beobachtungen durchführen zu können, müsste man aber sicherlich auf etwas anderes ausweichen, da die verwendeten recht dünnen Wollfäden eine Art Eigenspannung besitzen und sich aufrollen, wie man es gut in der Ruhestellung sehen kann.


    Die freie Drehbarkeit der Fäden scheint also sehr wichtig zu sein. Ich denke, Mantelschnur könnte dem Ideal einer runden Spannungsfreien Schnur recht nahe kommen. Zudem dürfte sie durch die vorhandenen Löcher passen.


    Gruß
    Heiko

    Zitat

    Je mehr turbolente Strömung, desto weniger geschwindigkeit...richtig ?


    Grundsätzlich ja, aber nicht ohne Nebenwirkung - siehe Venteds. Lasst uns Nasenturbulatoren bauen. Damit wird die laminare Strömung bereits im Ansatz verhackschnitzelt...


    Gruß
    Heiko

    Hi All, Hi Steph,


    Gute Sache und dass Video hab ich jetzt einige mal angeschaut, sehr interessant.
    Eine meiner Fragen die ich mir stellte, als ich dein video immer wieder anschaute war. Was mißt du da eigentlich, ist dass nun die tatsächliche strömung die anliegt oder ist dass jetzt "nur" die Grenzschicht? Da der verwendete Kite ein Trickkite war und kein Speedie, wird die geschwindigkeit nicht soooo gross gewesen sein daher hat diese frage keine wirklich grosse relevanz. Aber bei einem Speedie im vollen speed wird dass eine frage sein.


    Wie Heiko schon schrieb, die segelrückseitige turbulenz. . . .


    Aber was mich richtig erstaunt hat war die sehr turbulente Abrisskante, dass hat mich dann wirklich erstaunt. welche frage sich für mich aufträngt ist, wie sieht dass bei einem speedie aus?


    Nimm doch ma nen Armagedon 160, oder sowas und versuch dass mal bei 5bft. DASS WÄRE SPANNEND.


    Was Du leider nicht gefilmt hast war die nase, wie sieht die strömung an der nase aus?


    Ich muss zugeben, dein versuch hat mein kopfkino angeworfen, dafür kriegst du die goldene konokarte.


    Achja, klarerweise sind meine betrachtungen NUR auf speedies gerichtet. . .
    LG
    Mike

    DRACO DORMIENS NUNQUAM TITILLANDUS

    Zitat

    Aber was mich richtig erstaunt hat war die sehr turbulente Abrisskante, dass hat mich dann wirklich erstaunt. welche frage sich für mich aufträngt ist, wie sieht dass bei einem speedie aus?


    Wenn du den Strömungsverlauf auf der Vorder- und Rückseite des Segels betrachtest, ist es kaum verwunderlich, dass es bei Zusammenführung der unterschiedlich ausgerichteten Strömungen an der Schleppkante zu Verwirbelungen kommt. Das wird bei Speedies nicht von Stephs Versuchsaufbau abweichen.


    Gruß
    Heiko

    HAllo Heiko,


    Nun dieser Ansatz kam mir auch, ich behaupte aber mal, ohne es wirklich beweisen zu können, dass bei Stephs versuchsanordnung sich grenzschicht und Strömung vermischen bzw. überlagern und dass sich hier bei Speedies an der Abrisskante schon geringe unterschiede zeigen würden, mann müsste aber zwischen grenzschicht und echter strömung unterscheiden. Wie dass aber bei einem speedie zu bewerkstelligen ist, ohne dabei die messung zu verfälschen ist mir aber auch nicht klar.


    Mike

    DRACO DORMIENS NUNQUAM TITILLANDUS