Ecken und Kurven

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    Als erstes interessieren mich die unterschiedlichen Drachenprofile. Welches Profil sollte ein Trickdrachen mitbringen? Wann liegen Trickdrachen sauber im Fade? Welche vor und nachteile haben drachen, die schön sauber liegen ? lassen sich deshalb vll schlechter Sliden oder Axeln und wenn ja, warum?


    Das Fadeverhalten eines Drachens hat absolut keinen zwangsläufigen Einfluss auf Slide oder Axel. Ob ein Drachen stabil im Fade liegt hängt überwiegend von der Waagegeometrie, aber auch von der Gewichtsverteilung ab. Entscheidend für die sichere Lage ist, dass der Anstellwinkel im Fade zur restlichen Geometrie passt. Der Anstellwinkel muss eine saubere Umströmung mit ausreichend Auftrieb ermöglichen. Der Entscheidende Parameter, um das zu ermöglichen ist der Leitkantenkontaktpunkt der Waage, wenn der Drachen im Fade liegt. Diesen kann man über die Gesamtlänge der Waage oder den Drehpunkt einstellen. Im Laden oder gar in einem Webshop wirst du aber keine Möglichkeit haben, das zu beurteilen.


    Genau genommen gibt es in der Drachenkonstruktion keine Regeln ohne Ausnahmen. Die Flugeigenschaften eines Drachens sind von sehr vielen Parametern mit einer großen Menge an Wechselwirkungen abhängig. So kannst du den Drachen perfekt für den Fade bauen, verhinderst damit aber Yoyos schon im Ansatz. Die Schwierigkeit ist, beides durch sorgfältige Abstimmung zu ermöglichen und dabei all die anderen Tricks nicht zu vergessen. Selbst identisch aussehende Drachen können komplett unterschiedlich fliegen. Sie tragen alle die Handschrift ihres Konstrukteurs und fliegen so, wie er es will, bzw. so, wie seine Kompetenz oder ein glücklicher Zufall es zulässt.


    Zum Thema Kreise und Ecken/ Push und Pull:


    Bei jeglichen Pushbewegungen wird der innere Flügel fixiert und damit auch der Drehpunkt. Der äussere Flügel wird entlastet, womit einseitig Druck aus dem Segel genommen wird. Die Änderung des Winkels zum Wind hat einen Richtungswechsel zur Folge, der je nach Geschwindigkeit des Pushbefehls als sanfter Bogen oder als radikale Ecke ausgeführt wird. Durch die Entlastung wird der Drachen verlangsamt.


    Bei einer Pullbewegung wird der Kurveninnere Flügel angezogen und damit der Druck erhöht. Der Drachen wird so beschleunigt, weshalb diese Technik für einen beschleunigten Spin eingesetzt wird. Ordentlich einrastende Ecken lassen sich so nicht fliegen, weil der Drehpunkt nicht sauber definiert wird. Allgemein ist es ein Anfängefehler, Ecken mit Pullbewegungen zu fliegen, der auf Verständnisproblemen beruht. Mit fast allen Drachen sind solche Ecken von deutlichem Nachwackeln geprägt. Die einzigen mir bekannten Drachen, die saubere gerissene Ecken erlauben, sind Speedwings, weil die keinen Kiel und keine Standoffs haben und damit keine Drehpunktfixierung benötigen.


    Mit Push/Pull-Befehlen lässt sich der effektive Lenkweg auf der Kreisbahn verkürzen. Bei entsprechender Geschwindigkeit der Lenbkbefehle lassen sich so auch Ecken fliegen, die aber sehr definiert geflogen weden müssen, um nicht nachzuwackeln. Der Drehpunkt wird dabei in Richtung Mittelkreuz verlegt und natürlich wird der Drachen so gegenüber dem Pushbefehl in der Ecke beschleunigt. Push/Pull-Ecken sind übrigens keine französischen Ecken.


    In Frankreich hat sich eine gänzlich andere Eckentechnik etabliert. Der Drachen wird erst auf der Aussenseite entlasten und nach vollzogenem Richtungswechsel auf der Innenseite. Anschließend werden beide Hände wieder parallel in Ursprungsstellung gezogen, wobei der Drachen beschleunigt wird. Mit dieser Technik lassen sich mit ziemlich unwendigen Drachen Ecken in schneller Folge fliegen, weil der Drachen den Druck nicht selbst wieder aufbauen muss, sondern zum Druckaufbau gezwungen wird.


    Wenn du ein hervorragendes Buch über Präzisionsflug suchst, kann ich dir Sportkitemagic von David Gomberg empfehlen. Früher hätte ich mir sowas gewünscht. Umso begeisterter war ich, als ich kürzlich entdeckt habe, dass es dieses Buch mittlerweile kostenlos online gibt.


    Gruß
    Heiko

    Danke für den Gomberg-Link Heiko! Das erste Kapitel hat sich schon gut gelesen, bin gespannt auf die anderen. Werde jetzt meine Übungen doch mal ein bisschen anders angehen :-O

    Gruß Olli a.k.a. Herr Jeh a.k.a. owner of several rote Drachen a.k.a. Duke of Dödel-Flying

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    Selbst identisch aussehende Drachen können komplett unterschiedlich fliegen. Sie tragen alle die Handschrift ihres Konstrukteurs und fliegen so, wie er es will, bzw. so, wie seine Kompetenz oder ein glücklicher Zufall es zulässt.


    Das genau macht den Reiz beim Drachenbau aus und kann nebenbei auch dazu führen, das auch der Anfänger einen guten Wurf hinlegen kann. Eigentlich sollte man jeden Bauanfänger dazu ermutigen, einfach nur los zulegen.


    Zitat

    mich würde diese theorie auch interessieren und ich hoffe, dass die drachenbauer hier das eben nicht einfach im hirn behalten sondern preisgeben. each one teach one!


    Es gibt eigentlich nur wenige grobe Grundregeln, die mehr den Typ des Drachen bestimmen (Speed, Präzision, Free,...etc.) der Rest ist eine Kombination des Ganzen. Wenn ich dir z.B. sage, ein zusätzliches Profil hinter der Leitkante auf Höhe des unteren Verbinders bringt dir mehr Präzision, kommt bestimmt ein anderer und sagt: Nö bei mir bringt das nur wackelnde Flügelenden. Dann hat er vielleicht ein anderes Gestänge, Waage oder eben ein Segelshape, wo das nicht funktioniert.
    Nur wenige Millimeter beim Bauen können schon spürbare Veränderungen der Flugeigenschaften bringen. Und die potenziellen Möglichkeiten der Segel- Waage- und Gestängegestaltung sind so zahlreich, dass es nicht möglich ist, ein gewünschtes Flugverhalten mit einem Wurf zu erhalten. 5-10 Prototypen von der Idee bis zur Serie sind bei einem einfachen Drachen nichts ungewöhnliches. Bei hochwertigen Drachen auch das doppelte, plus die unzähligen Stunden des Testen. Das man dann nicht einfach alles open source erklärt finde ich eigentlich verständlich, vor allem wenn man sein Brot damit verdient.
    Konkrete Fragen beantworten bin ich dafür, aber alles vorgekaut zu bekommen macht doch kein Spass. :L


    Die restlichen Ausführungen von Heiko unterscheib' ich blind.
    :H:

    À plus


    Steph/Elément'Air
    Calvados/France

    vielen dank für deinen beitrag, heiko... !


    bislange bin ich davon ausgegangen, dass ein drache einen festen drehpunkt hat und dieser im gedachten schwerpunkt des drachens liegt um den sich dann alle manöver drehen..z.b auch yoyo-tricks.
    drehpunktfixierung erweiter daher schonmal meinen horizont :)


    wie sieht es denn bei yoyo tricks mit dem drehpunkt aus? den kann man doch nicht ohne gewichte beeinflussen, oder doch ?
    machen gewichte am kiel eigentlich viel am flugverhalten aus ? und wie beguenstigen/verschlechtern sie das trickverhalten eines kites ?!



    gruß

    gewiss.. dennoch is es sicher nich verkehrt sich wenigstens ein bisschen mit der materie auszukennen .. (jeder supersportler hat einen mathematiker o.ä. im background, der im sagt wie der hase laufen sollte .. ; ) )

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    bislange bin ich davon ausgegangen, dass ein drache einen festen drehpunkt hat und dieser im gedachten schwerpunkt des drachens liegt um den sich dann alle manöver drehen..z.b auch yoyo-tricks.
    drehpunktfixierung erweiter daher schonmal meinen horizont


    Nö, das funktioniert schon mal nicht bei allen Drachen, deren Waagepunkt sehr weit außen liegt. Deren Mittelkreuz wandert je nach Druck auf das Segel. Wie überhaupt jeder Drache dynamischen Verformungen unterliegt, je nach Anstellwinkel und Windfensterposition. Die meisten Tricks ergeben sich aus instabilen Fluglagen, was die Berechenbarkeit erschwert.


    Zitat

    (jeder supersportler hat einen mathematiker o.ä. im background, der im sagt wie der hase laufen sollte .. ; ) )


    Tja, beim Drachenbau funktioniert das eben nicht. Dazu sind Gegebenheiten viel zu komplex, als das man dort irgendetwas genau berechnen könnte.
    Nur ein Beispiel: Ausgehend davon, das ich jeden der drei Waageschenkel in einem Bereich von 100mm einstellen könnte, in der der Drache immer noch fliegt und eine Veränderung, von sagen wir 5mm, eine spürbare Veränderung der Flugeigenschaft mit sich bringt. Dann ergeben sich alleine für die Einstellung der Waage 20³ mögliche Positionen. Die Gesamtlänge der Waage außer acht gelassen. Nur für die Waage. Diese steht in Bezug auf das Segel, das Gestänge, die verwendeten Materialien, etc. Faktoren die sich alle untereinander Beeinflussen, was die potenziellen Möglichkeiten auf astronomische Summen steigen lässt. Wüsste nicht, wie man da auch nur die geringste Berechnung anstellen kann.
    Bisherige Erkenntnisse beim Drachenbau sind allesamt empirische Erfahrungen, und Formen und Flugeigenschaften der Drachen sind immer nur ein Kompromiss zwischen vielen, (oft gegensätzlichen), angestrebten Verhalten.
    - Editiert von Steph am 20.12.2011, 10:54 -
    - Editiert von Steph am 20.12.2011, 10:55 -
    - Editiert von Steph am 20.12.2011, 10:57 -

    À plus


    Steph/Elément'Air
    Calvados/France

    danke.
    um es nochmal zu verdeutlichen: ich möchte nicht darauf hinaus, mir einen drachen zu bauen.
    ich möchte verstehen, wie tricks zustande kommen und wie man systematisch an die sache rangeht und nicht wahllos irgendwo im windfenster irgendwelche fuchteleien anfängt...
    (natuerlich is das feintuning sicher auch ein großes thema in sachen trickflug .. aber dazu waere ich erst später gekommen : )

    Schaff dir nen anständigen dafür geeigneten Kite an...
    -lern den Kite zu kontrollierten
    -lern erstmal ne menge Tricks und dessen reproduzierbarkeit durch Tuturials oder anderen Piloten
    -lern die Tricks zu kombinieren
    ...anschließend spielst du selber mal an der Waage etc. herum und du wirst schonmal vieles von ganz alleine verstehen !!!
    :)

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    um es nochmal zu verdeutlichen: ich möchte nicht darauf hinaus, mir einen drachen zu bauen.ich möchte verstehen, wie tricks zustande kommen und wie man systematisch an die sache rangeht und nicht wahllos irgendwo im windfenster irgendwelche fuchteleien anfängt...


    Ja, und wir versuchen zu erklären, das dort mit systematisch oder berechnen nicht viel zu machen ist. Jeder Drache funktioniert ein wenig anders. Stell eine konkrete Frage zu einem bestimmten Drachen oder einer Kombination und du findest sicherlich jemanden, der dir gute Hinweise geben kann.
    Der Rest:


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    -lern den Kite zu kontrollieren
    -lern erstmal'ne menge Tricks und dessen Reproduzierbarkeit durch Tutorials oder anderen Piloten
    -lern die Tricks zu kombinieren


    -fummel so viel wie möglich an den Verstellmöglichkeiten des Drachen herum und beobachte was sich verändert.
    -fang gleich an zu bauen und lass dich nicht durch evt. Fehlschläge entmutigen.
    ...learning by doing. ;)



    Zu deiner Frage:

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    wie sieht es denn bei yoyo tricks mit dem drehpunkt aus? den kann man doch nicht ohne gewichte beeinflussen, oder doch ?
    machen gewichte am kiel eigentlich viel am flugverhalten aus ? und wie beguenstigen/verschlechtern sie das trickverhalten eines kites ?!


    Das Verhalten bei Yoyo Tricks und allgemein für Drehungen um die Querachse lässt sich durch die Position des Mittelkreuzes, des Waagepunktes (aussen, innen) und der Schleppkannte (hoch ,tief) beeinflussen. Drachen mit großem Nasenwinkel wickeln allgemein etwas besser als andere. Gewichtstuning ist für mich nur die Aushilfslösung, wenn konstruktive Maßnahmen keine Verbesserungen schaffen, da das immer auf Kosten der Präzision geht.
    Gewichte funktionieren weniger aufgrund der Verlagerung des Schwerpunktes als durch ihre Eigenschaft als Schwungmasse um genügend Inertie zu erzeugen.


    Kannst du auch hier oder hier und diversen anderen Threads lesen.
    - Editiert von Steph am 21.12.2011, 09:41 -

    À plus


    Steph/Elément'Air
    Calvados/France

    Grundsätzich gilt : Immer erst mal fliegen lernen, dann alles andere.
    Wenn man Tricks oder auch Präzisionselement nicht Prozessicher, also nachvollziehbar, zustande bringt macht es wenig Sinn sich Überlegungen zur Konstruktion hinzugeben oder irgendwas am Kite zu schrauben.


    BTW...
    Leitkantenkontaktpunkt
    Hammer Wortschöpfung Heiko !