ZitatMeine Zielrichtung ist es, dem Anfänger einen Drachen an die Hand zu geben, mit dem er die Grundlagen des Trickflugs erlernen kann. Dazu gehört es genau in dieser Reihenfolge ( spinnstall, sideslide, snapstall, axel, fade, backflip, lazy su, 540er, flick flack ).
Und wenn der Drachen dann auch noch schön präzise Linien und Ecken fliegen kann, ist doch schon alles bella, oder?
Genau so sehe ich das auch, wenngleich ich die schön präzisen Linien und Ecken klar vor die Tricks stelle und dazwische noch Wert auf das Landen legen würde. Wenn der Drachen darüber hinaus auch noch die aktuelleren Sachen kann, um so besser. Eigentlich wären moderne Team und Präzisionsdrachen damit die optimalen Lerndrachen, weil sie zu einem ausgewogenen Flugstil erziehen und alles nachvollziebar machen. Übrigens wird dieser Weg hier im Forum seit vielen Jahren konsequent empfohlen und ebenso konsequent ignoriert. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass für derartige Drachen kein Markt vorhanden ist. Die Anzahl derer sinkt jedenfalls ständig.
Vermutlich liegt das daran, dass diese Drachen meistens für den Wettkampf entwickelt und aufgrund des teuren Materials und der aufwendigen Verarbeitung für Einsteiger preislich nicht mehr attraktiv sind. Für reine Trickser sind sie unattraktiv, weil sie meistens lange Lenkwege haben und ordentlich Druck aufbauen. Der Schönflieger kann mit ihnen auch nichts anfangen, weil sie ihn oft mit nervigem Fluggeräusch von der Entspannung abhalten und auch allgemein zu teuer sind, um damit nur ein bisschen entspannt am Himmel rumzukurven. Als Zielgruppe bleiben dann nur noch einige wenige Drachenflieger mit Wettkampf geprägtem Flugstil - eine klare Minderheit.
Unter dem Strich sagt uns der Markt, was wir bauen sollen, egal ob uns die Entwicklung in den Sinn passt. Momentan ist es halt bei den einen modern, mindestens 20 Tricks pro Minute in der Windfenstermitte zu platzieren und bei mehr Wind bevorzugt in die Randbereiche des Windfensters abzudriften. Bei den anderen ist es Sinn der Sache, sich beim Fliegen zu entspannen und allenfalls sporadisch einen Trick einzustreuen. Beides ist in meinen Augen kein anspruchsvolles Fliegen, aber wenn jemand Spaß daran hat, freue ich mich mit ihm. Und dann gibt es natürlich auch noch Speed und Power. Die von Dir beschriebene Kombination von Trick und Präzision ist hingegen selten vertreten. Die Anzahl der Drachenflieger, welche wirklich Spaß am Fliegen von STACK-Figuren (die darf man natürlich auch fliegen, wenn man nicht an Wettkämpfen teilnimmt )oder kreativen Abwandlungen davon haben und diese mit Tricks kombinieren ist verdammt gering. Dabei fordern gerade diese Figuren Kernschwierigkeiten des Drachenfliegens ab, die man mit undefinierter Linienfliegerei niemals erfährt.
Was für einen Einsteiger empfehlenswert ist, hängt stark davon ab, in welche Richtung dieser tendiert. Einem zukünftigen 20 Tricks pro Minute Flieger einen Antares zu verkaufen wird ihn seinem Ziel genau so wenig weiterbringen, wie einem Schönflieger mit Trickambitionen einen Enigma zu empfehlen. Umgekehrt hingegen werden beide mit großer Warscheinlichkeit glücklich. Wer seinen Schwerpunkt im Speedkiten sieht, dürfte mit einer Wilden Hilde und einem Bündel Ersatzstäbe (weil Anfänger) besser bedient sein, als mit besagten Teamdrachen.
Zur Toleranz in unserer Szene:
Ich stehe auf dem Standpunkt, dass jeder fliegen soll, was und wie er es für richtig hält. Es sollte kein Hinderungsgrund für ein Gespräch sein, wenn jemand einen anderen Flugstil favorisiert. Dummerweise sind die Gemeinsamkeiten oft so gering, dass ausser einem "Hallo" wenig Gesprächsstoff bleibt. Der Schlüssel zur Kommunikation ist neben Toleranz Interesse. Nun kann ich von einem Einsteiger praktisch nichts lernen. Folglich habe ich keinen Grund, ihn irgendwas zu fragen. Seinen Flugkünsten wertschätzend zuzuschauen mag bei aller Toleranz auch nicht unbedingt ein Genuss sein. Kurz gesagt - meinerseits besteht Gesprächsbereitschaft, aber kein Gesprächsbedarf. Ich könnte auf ihn zugehen und ihm Tips geben, aber vielleicht will er ja genau so fliegen, wie er es tut. Folglich habe ich meinen Spaß am fliegen, dränge mich nicht auf und wenn jemand etwas wissen will, kann er fragen und bekommt eine freundliche Antwort. Wer das als Arroganz interpretiert, hat etwas missverstanden.
Gruß
Heiko