Eiskufen für den Kitebuggy
1. Einleitung
Es wird Winter, und mit zunehmender Kälte manifestierte sich in mir der Gedanke, für meinen Buggy Eiskufen zu bauen. Zuerst habe ich einen Blick ins Internet geworfen und nach den original Libre-Eiskufen gesucht.
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Die Eiskufen aus dem Hause Libre kosten 395,-€. Zu viel Geld für mich als Student, aber eine willkommene Herausforderung und Abwechslung, Wissen aus dem Studium in die Realität zu übersetzen.
2. Erste Gedanken
Wichtig bei dem Bau der Eiskufen war mir folgendes: Sie sollten massiv genug seien, eine Person bis max. 100kg zu tragen und einfach gegen die Räder auszuwechseln sein. Des weiteren sollten sie möglichst leicht auch an andere (Libre-)Buggys anzubringen sein. Mein Buggy ist ein Libre-Spezial, der eine verbreiterte Hinterachse hat. Erste Überlegungen über den grundsätzlichen Aufbau sahen wie folgt aus:
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Das Drehteil oben, sollte über die (Hinter-)Achse gestreift werden und auf der anderen Seite mit der gleichen Schraube fixiert werden, mit der auch die Räder am Buggy befestigt werden. Der Quersteg ist vor allem deshalb da, um die Eiskufe von Zugspannungen zu entlasten.
3. Erstellen eines CAD-Modells
Nachdem ich nun eine grobe Vorstellung von der gesamten Konstruktion hatte, habe ich als nächstes mit einer CAD-Software ein Modell der Halterung erstellt. Hier einige Bilder:
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4. Berechnung
Mein Plan war es, das Modell mit einem sog. Finite-Eleme-Methode (kurz FEM) Programm zu überprüfen. Bei den finiten Elementen wird eine Netz mit mehreren tausend Knotenpunkten über das Bauteil gelegt, um dann die Verformung an jedem Knotenpunkt zu simulieren. Diese Ergebnisse werden dann wieder überlagert, und man erhält ein visuelle Darstellung der belasteten Teile. Die ganze Struktur habe ich mit 1000N belastet. Seitenkräfte habe ich mit 3000N angenommen. Diese Querkraft bekommt man, wenn man mit einer Masse von 100kg mit ca. 100 km/h eine Kurve mit einem Kurvenradius von 30m durchfährt. Die Kräfte die auf den Fahrer wirken, wären bei dieser Konfiguration ca. 3g. Da die Kufe solche Belastungen wahrscheinlich nie erfahren wird, sind die Bilder auch eher quantitativ zu bewerten, d.h. um zu sehen, wo die Belastungen liegen und nicht unbedingt den exakten Wert. Die endgültigen Spannungsschaubilder sehen wie folgt aus:
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5. Die Eiskufen
Eigentlich hatte ich nie vor, die Kufen selbst herzustellen bzw. zu schleifen. Dazu hab ich also keine Erfahrungen. Mein Gedanke war, Schlittschuhkufen zu kaufen und meine Konstruktion anschließend entsprechend an die Eiskufen anzupassen. Bei meiner Suche bei eBay habe ich diese Eiskufen gefunden:
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Ich habe für 4 Kufen (also noch eine zusätzliche Ersatzkufe) 12€ gezahlt + 3,90€ Versand. Günstiger wird man da wohl nicht mehr herankommen. Probleme können natürlich auftreten, wenn die Kufen aus irgendeinem Grund gewechselt werden müssen und kein Ersatz gefunden wird. Nachdem ich die Kufe genau ausgemessen habe, war ich in der Lage, meine CAD-Zeichnung auf die endgültigen Maße anzupassen und technische Zeichnungen zu erstellen.
6. Die technischen Zeichnungen der Halterung
CAD Systeme bieten hier wirklich tolle Möglichkeiten: Mit nur wenigen Mausklicks kann man sein vorher erstelltes Teil in eine technische Zeichnung umwandeln. Unten finden sich zwei Zeichnungen. Die erste Zeichnung zeigt die Buchse, die zweite eine Zeichnung der kompletten Halterung. Zu Zeichnung 1 ist gibt es nicht viel zu sagen. Zeichnung 2 ist genau für meine Kufe angepasst, deshalb müssen die Maße der Bohrung und der Bohrungsabstand im Zweifelsfalle individuell angepasst werden. Ich habe die Gesamthöhe der Kufe so ermittelt, dass ich den Durchmesser des Rades halbiere (also den Radius des Laufrade nehme) und dieses Maß dann als Richthöhe für Halterung + Kufe nehme. Ich würde die Höhe nicht viel größer machen, da mit zunehmender Höhe die Gefahr des Knickens durch Querkraft besteht (also bei einer Kurvendurchfahrt), aber vor allem der Schwerpunkt nach oben wandert. Zu kurz ist aber auch nichts, da sonst unter Umständen der Sitz auf dem Eis schleift. Die Breite der Flansche ist auch nicht bemaßt, bei mir habe ich hierfür 25mm genommen (und auch bei der FEM-Berechnung).
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7. Die Distanzkegel
Da die Kufe vorne in der Gabel gegen seitliches Verrutschen noch gesichert werden muss, benötige ich noch zwei „Distanzkegel“, die die Kufe axial fixieren. Da die Radbolzen hinten an der Achse (M20) einen anderen Durchmesser haben als der Gewindestift vorne an der Gabel (M12), müssen die Distanzkegel neben der axialen Fixierung zusätzlich diesen Unterschied ausgleichen. Besonders wichtig ist, die Distanzkegel vor dem Verschweißen der Halterung in die Buchse einzuschieben. Da die Rundheit der Buchse unter der thermischen Spannungen sehr leidet kann es passieren, dass sich die Distanzkegel im Nachhinein nicht ohne weiteres einschieben lassen.
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Da die Distanzkegel keine großen Belastungen aushalten müssen, reicht es hier vollkommen aus, sie anstatt Stahl aus Aluminium zu fertigen. Meines Erachtens dürfte ein harter Kunststoff ebenfalls ausreichend sein.
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8. Die technischen Zeichnungen der Distanzkegel
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9. Die Fertigung der Teile
Da ich selbst leider keinen Zugang zu einer Drehbank und / oder Fräse habe, habe ich die Teile beihttp://www.myhammer.de fertigen lassen. Ich muss sagen, dass ich mit dem Ablauf dort sehr positive Erfahrungen gemacht habe. Sowohl der Umgang / Ton dort als auch die Resultate sind stimmig und überzeugend. Ich habe mir die drei Eiskufen-Halterungen für insgesamt 70€ fertigen lassen. Die beiden Distanzkegel aus Aluminium schlugen mit 20€ zu Buche. Dieser Preis ist für mich okay, da ich mich im Prinzip um nichts kümmern musste.
10. Die fertigen Halterungen.
Zwei Tage vor der geplanten Jungfernfahrt kamen dann schließlich die Halterungen an. Inklusive eingebauter Kufe sieht das Ganze dann so aus:
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Die Distanzkegel, die am gleichen Tag ankamen, sehen so aus:
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11. Die erste Fahrt
Die Auswahl einer geeigneten Eisfläche hatte mir am meisten Kopfschmerzen bereitet. Ich hätte nicht erwartet, dass es den gesamten Dezember in Bayern über so kalt ist, deshalb war meine Verwunderung auch groß, als ich einen größeren See in der Nähe Landshut zugefroren auffand. Der Vilstalsee ist mit einer Länge von 1600m und einer Breit von 560m hierfür geradezu perfekt. Das Temperaturdiagramm der letzten 3 Wochen sah auch sehr vielversprechend aus:
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Bereits am 23.12.07 habe ich dem Vilstalsee einen Besuch abgestattet, wo sich mir folgendes Bild bot:
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Am Tag der Jungfernfahrt habe ich traumhafte Bedingungen vorgefunden: Sonnenschein, ca. – 4°C und schätzungsweise 2-3 Bft. Hier einige Bilder:
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12. Fahrbericht
Bei zwei Dingen musste ich meine Meinung innerhalb der nächsten beiden Stunden revidieren: Erstens, dass ich mir nicht mal annähernd vorstellen konnte wie schön das Eis -Kiten wirklich ist, und zweitens, wie groß doch die Unterschiede zum konventionellen Fahren an Land sind.
Es beginnt damit, dass man schon Probleme beim Einsteigen bekommt, da man vom Drachen konsequent über das Eis gezogen wird und im Unterschied zum Land nicht nach 2m zum Stehen kommt. Hat man diese Hürde überwunden und sitzt im Buggy, muss man sehr darauf achten, wie man anfährt. Durch die geringe Reibung fährt der Buggy beim kleinsten Luftzug bereits los, was wiederum dem Kite schnell die Luft nehmen kann. Empfehlenswert ist es auch, sich eine kleine Flagge oder ähnliches an den Buggy zu montieren, da man auf dem Eis keine Anhaltspunkte wie Bäume zur Windrichtungsbestimmung mehr hat.
Das Fahren an sich ist schwer zu beschreiben. Aufgrund meiner doch recht kleinen Kufen ist der Buggy wahnsinnig wendig. Der Kurvenradius ist max. 1,5m (wenn man es darauf anlegt). Durch die geringe Kufenlänge ist es möglich, Kurven mehr oder weniger zu driften, was ein sagenhaftes Gefühl ist. Fairerweise muss man sagen, dass der Geradeauslauf unter den kleinen Kufen etwas leidet, d.h. man muss den Buggy öfter korrigieren.
Auf dem See habe ich einen weiteren Eis-Kiter getroffen, der sich selbst Kufen geschliffen hat. Seine Kufen waren deutlich länger als meine, was sich in der Spurtreue schon bemerkbar machte. Allerdings hatte der wiederum starke Probleme, den Buggy bei wechselnder Windrichtung schnell auszurichten. Außerdem war auffällig, dass sich seine Kufen unter der Belastung vorne an der Kufenspitze recht schnell verformt haben. Er hatte seine Kufen eher mittig fixiert, während meine Halterung die Enden der Kufe einklemmt. Dieses Phänomen des Ausknickens konnte man ja bereits anhand er FEM – Analyse erahnen, dass das aber so durchschlug hätte ich nicht gedacht. Für konstanten Wind würde ich auf jeden Fall raten, doch etwas längerer Eiskufen zu nehmen. Vielleicht werde ich mir in den nächsten paar Wochen selber noch solche Kufen bauen, aber eigentlich macht mir mein Buggy bereits schon so wie er ist wahnsinnig viel Spaß.
Wichtig ist auch, die Kufe vorne in der Gabel nicht einzupressen, sondern nach Möglichkeit so zu lagern, dass sie sich noch drehen kann. Der Grip bei der Kurvendurchfahrt ist dann deutlich höher, da man bei fest eingeklemmter Kurve ja prinzipiell nur auch einigen wenigen Punkten fährt.
13. Zusammenfassung
Zusammenfassend kann ich sagen, dass mir das Projekt „Eiskufen für den Kitebuggy“ wahnsinnig viel Spaß gemacht hat und mir trotzdem jetzt eigentlich das Schönste noch bevorsteht. Das Gefühl, an einem schönen sonnigen Tag über einen zugefrorenen See beinahe lautlos dahinzugleiten ist einfach unmöglich zu beschreiben.
Interessant ist auch, was mich das Projekt gekostet hat:
· 10,00€ für die drei Drehteile
· 60,00€ für die Flansche und das Zusammenschweißen der Halterung
· 20,00€ für die Distanzkegel
· 15,90€ für die Kufen
· 3,00€ für zwei neue Achsbolzen M20 x 50
· ca. 3,00€ für 6 Schrauben M8 x 20, 6 Sicherungsmutter M8 und 12
Unterlegscheiben
Das macht insgesamt also ca. 112€. Dieser Preis ist etwas mehr als ¼ des Preises, den ich für die Kufen von Libre hätte zahlen müssen. Wenn man selber Zugang zu einer Fräse / Drehbank hat., könnte man den Preis nochmals deutlich senken.
Ich hoffe, mein Bericht hat euch gefallen und kann einigen von euch evtl. bei der Umsetzung eigener Eiskufen helfen.
Viele Grüße,
Mathias