Hallo zusammen,
ich bin jetzt seit Oktober 2005 beim Drachenfliegen dabei und ich möchte gern meine Erfahrungen dieser Zeit einmal schriftlich festhalten. Ich bitte darum, dass nicht gleich danach eine kontroverse Diskussion ausbricht, immerhin geht es hier um persönliche subjektive Eindrücke und außerdem bitte die Tipps eines Einsteigers nicht todernst aufnehmen. Viel Spaß dabei...
Meine Geschichte:
Als ich im Oktober dazu gestoßen bin lag die Wurzel zum "Drachen-Virus" schon in mir. Ich bin lange mit einem Blazer (einfacher Drachen im Design ala PeterPaul/Ace) auf die Felder gezogen und hatte somit schon spärliche Kenntnisse im Umgang mit Lenkdrachen. Durch einige Umstände in meinem Komilitonenkreis bin ich wieder auf das Thema Drachen aufmerksam geworden und habe mich für den Kauf eines Lenkdrachen entschieden. Ein Delta sollte es werden, mehr wußte ich noch nicht. Also wurde das Internet befragt. Ich habe vor allem einen Einstieg gesucht, um mir einen Überblick zu verschaffen. Schon bald hatte ich einige Online-Drachenläden, die Siroma und dieses Forum entdeckt.
Interessiert habe ich auch hier im Forum die ersten Tage mitgelesen. Über die Linkliste in der Einsteiger FAQ findet man ja einige Artikel. Was mir schnell klar wurde, ich muß erstmal Leute finden die Drachen besitzen. Durch Zufall kam ich dann in der Siroma auf die Webseite der Bunten-Voegel, die sich ja auch einmal durch dieses Forum kennen gelernt hatten. Da Matthias (Grimmi) nur einen Ort weiter wohnte waren wir schnell in Kontakt und schon am darauf folgenden Wochenende trafen wir uns auf der Wiese. Er hatte seine Kitecraft Drachen dabei und war auch schon am fliegen als ich ankam. Wir haben uns dann lange dort Unterhalten. Irgendwann sprang dann wohl ein Funke über oder keine Ahnung, auf jeden Fall drückte er mir die Schlaufen in die Hand und lies mich fliegen. Wenn ich es heute betrachte... gewagt, da wir uns je erst seit kurzem kannten und ich Vorher wirklich noch nie einen Delta in der Hand hatte, aber ich war ja Haftpflichtversichert und er setze Vertrauen in mich Fliegen klappte dann auf Anhieb einigermaßen (naja, also zumindest ihn in der Luft zu halten) und ich war sofort Feuer und Flamme.
Da ich nun auf der Suche nach einem günstigen Einsteigertrickdrachen war las ich immer mehr in dieser Richtung im Forum und kam zu der Entscheidung mir einen Easy von LevelOne zu holen. Damit machte ich meine ersten Trickversuche. In rasender schnelligkeit wuchs anschließend meine Drachentasche in der Zeit bis September auf 13 Drachen an. Danach war die Zahl stark rückläufig, da ich nun Student wurde und für Neuanschaffungen erst Kapital ranschaffen mußte. Außerdem hatte ich nun meine grobe Richtung gefunden und konnte meine Drachen gezielter auswählen. Bis heute geht dieser Trend weiter und mit dem Verkauf meiner Trickdrachen in dieser Woche ist meine Tasche mittlerweile auf 4 Drachen und eine Matte geschrumpft. Ich werde nun nochmal zwei Drachen dazukaufen dann bin ich bei 6 Drachen und damit meiner Ansicht nach wirklich glücklich.
Einsteiger Trickdrache:
Mit Trickflug ist das soeine Sache. Mich hat am Anfang alles interessiert. Ich wollte Speed, Power, Präzision, Trick, Einleiner, etc ausprobieren. Leider machte ich deswegen auch viele Fehlkäufe, was ich im Nachhinnein sehr bereue, da die Verluste beim Verkauf der Drachen ja doch enorm sind. Nach kurzer Zeit wurde mir aber klar, dass Power und Einleiner nichts für mich sind. Power ist mir persönlich zu heftig, Einleiner und auch Nähen lag mir nicht. Präzision und Trick erkannte ich schnell als leicht verwandte Themen und Speed hat es mir angetan. Speeddrachen haben eine magische Anziehung auf mich, aber ich finde es auf Dauer irgendwann zu Kraß. Der Reiz geht vom enormen Speed aus und der Gefahr den Drachen zu zerstören, da bin ich mit den Nerven irgendwann einfach am Ende und wenn man dabei einen Gang zurückschaltet ist es nur noch schnelleres "durch die Luft gleiten" was ich öde finde. Das reichte mir also nicht. So kam bei mir schnell der Trickflug ins Spiel. Ich kaufte mir nach einigem Lesen im Forum den ersten Easy.
Hier kommt jetzt der etwas kritische Teil... ich denke man sollte einem Einsteiger nie einen Trickdrachen unter 2m empfehlen. Ich habe in vielen meiner Drachen fehlinvestiert, einfach weil ich damals auch teilweise die Drachen nur besitzen wollte. Aber die Zeit die ich verloren habe weil ich nicht von Anfang an einen Trickdrachen hatte, der mich positiv unterstützte beim Tricksen, indem er ruhig normale Lenkbefehle entgegennimmt war nicht schön. Als ich die Easy dann gegen Merlins eingetauscht hatte ging mein Lernfortschritt wesentlich schneller voran. Diese Feststellung stammt somit nur aus meiner eigenen Erfahrung. Ich würde es aber so an jeden Einsteiger weitergeben. Wenn man "klein einsteigt" zahlt man doppelt und dreifach. Meine Empfehlung für einen Trickflug-Einsteiger ist sich nach einem gebrauchten Modell über 2m Spannweite umsehen, sind hier im Forum ja einige zu bekommen in der Größenordnung. Lieber gleich am Anfang ein besseres Modell, das macht mehr Spaß, schnelleres Lernen und weniger Ausgaben später.
Trickflugerfahrungen:
Mit den Merlins und der Unterstützung aus unserer Drachenflieger-Truppe kam dann auch der Durchbruch. Mit dem Easy hatte ich es gerade mal bis zum Axel, GroundRecoveries und Fluggefühl gebracht. Nach Umstellung auf die Merlins kamen dann Axel to Fade und FlicFlac dazu. Jetzt aktuell fliege ich seit letzter Woche auch Backspin und Backflip. Seit heute endlich auch Lazy und die ersten Wickelversuche, allerdings sehen die noch recht schief aus, aber ich arbeite dran .
Die wichtigsten Punkte beim Tricksen aus meiner Sicht:
- ruhig bleiben
- nicht reißen
- alles mit Gefühl machen
- nie verzeifeln oder sauer werden, irgendwann klappt es
Das ich diese Punkte jemals beherzigt habe ist auch durch die Unbeirrtheit meiner tatkräftigen Mitflieger zu erklären, die mich immerwieder daran erinnert haben, eben diese Dinge nicht zu tun. Wie oft ich den Satz: "Reiß doch nicht so an dem armen Drachen" auf der Wiese gehört habe kann ich garnicht beantworten (...irgendetwas nach "sehr oft"). An dieser Stelle herzlichen Dank für die super Unterstützung. Alleine kann man meiner Ansicht nach nur sehr schwer Trickflug lernen.
Wie man meiner Ansicht nach Trickflug lernt:
DVDs, Videos, Bücher, etc. sind nette Materialien, um sich die Theorie des Trickflugs anzusehen und auch die Tricks ansich schon mal gesehen zu haben und benennen zu können. Zu mehr helfen sie aber nicht.
Hier mein Rezept zum Trickflug, dass ich ausstelle nachdem ich nun brandaktuell die ersten Gehversuche gemacht habe:
1.) Lerne die paar Fachbegriffe, die beim Trickflug und für den Drachen benutzt werden um Dich ausdrücken zu können unter Fliegern und diese zu verstehen. Außerdem lerne einen Drachen wieder vom Boden zu starten, aus jeder Position (Außnahme: die Nase liegt direkt zu einem, auf unseren hohen Wiesen kann man da nur laufen) und den Drachen sanft zu landen. Lerne den Drachen kennen, fliege eine Zeit einfach damit und krieg Gefühl für die Bewegungen und das Ansprechverhalten.
2.) Ruhig bleiben, nicht reißen, alles mit Gefühl machen, nie verzeifeln oder sauer werden, irgendwann klappt es.
3.) Dann suche man sich Trickflieger in der Umgebung oder besucht welche irgendwo. Gelegenheiten bieten sich da immer denke ich. (Forum, Internet, Drachenfeste, Trickflugschule, etc) Hier kann man erstmal kurz in Real zusehen und ein Gefühl für Trickflug bekommen. Leider wird in Videos nämlich fast nie der Akteur mit Drachen gezeigt. Ich selber war sehr eingenommen von der Prism DVD, die nach den GroundRecoveries gleich Sideslide, Stall, Snapstall und Stall-Landing propagieren. Für Einsteiger ist das zu schwer und frustrierend, zumindest war es bei mir so. Mir wurde dann zum Glück der Axel gezeigt und schon bald war ich nur noch am "rumaxeln". Selbst der Rat von Anfang an den Axel in beiden Richtungen zu üben ist meiner Ansicht nach Quatsch. Ich hab es zwar auch gemacht am Anfang, aber heute flieg ich ihn nur noch mit rechts. Wenn dieser Trick erstmal sitzt, dann kann man den Rest direkt bei Anderen abgucken... siehe 5.
4.) Ruhig bleiben, nicht reißen, alles mit Gefühl machen, nie verzeifeln oder sauer werden, irgendwann klappt es.
5.) Man nehme sich einen Trickflieger, der einen Trick beherrscht den man nochnicht kann. Da wir ja nun den Axel können wollen wir als nächstes Axel to Fade lernen, da der Trick am nähsten liegt. Der Trickflieger führt den Trick mehrmals vor und schildert dabei aus seiner Sicht worauf man achten sollte. Dann sollte man darum bitten den Trick noch ein paar Mal
vorgeführt zu bekommen und der Flieger soll dabei kommentieren was gerade mit dem Drachen passiert. Nun beobachten, was die Hände und Arme des Piloten machen. Gleichzeitig hört man dabei welches Ergebnis dies am Drachen hat und kann so die Koordination und Timing etwas abgucken. Ich sehe daran immer sehr gut, ob es um Impulse, Feinfühligkeit oder Slack geht. Dann Drachen nehmen und probieren, probieren, probieren. Schön ist es, wenn der nette Trickflieger noch ein paar Tipps gibt, falls es nicht klappt. So kriegt man oft den richtigen Dreh heraus. Andere sehen das oft viel besser, woran es hapert.
6.) Ruhig bleiben, nicht reißen, alles mit Gefühl machen, nie verzeifeln oder sauer werden, irgendwann klappt es.
7.) Trickflug habe ich in den letzten Tagen gelernt besteht aus Gefühl. Das ist auch der Grund warum ich diesen Text überhaupt schreibe. Ich bin mir zwar sicher, ich könnte heute noch keinen Backspin, wenn ich ihn nicht detailliert erklärt und vorgeführt bekommen hätte. Aber noch sicherer bin ich, dass ich ihn nicht hinkriegen könnte, wenn ich ihn nicht irgendwann einmal richtig hinbekommen hätte. Wie der Trick aussieht wenn man ihn zum ersten Mal ausführt ist da egal. Hauptsache es geht erstmal und man hat diese spezielle Verbundenheit zum Drachen gespürt. Wenn man erstmal einmal dieses Gefühl über die Leinen gespürt hat, den Drachen wie mit einem verlängertem Arm herumzuziehen, die Masse und den Schwung,
dann kann man das auch reproduzieren. So klappt das auch bei z.B der Lazy, wenn man den Drachen erstmal einmal mit Gefühl die Drehung hat machen lassen, dann wird man es wieder schaffen, da man dann das Gefühl kennt. Und wenn man das von Anfang an weiß und feinfühlig an den Trickflug herangeht, dann wird man auch schnelle Erfolge und Fortschritte haben.
8.) Meine anfänglichen persönlichen Fehler hier mal breitgetreten, vielleicht hilft es ja jemandem:
- Arme unten neben dem Körper haben und immer neben dem Körper arbeiten, sonst hat man nicht genug Spiel, da die Brust sonst irgendwann im Weg ist.
- Je zarter man die Tricks auslöst, desto schöner sehen sie aus. Auslösen heißt es, weil man den Drachen garnicht zu den Tricks zwingen muß. Man muß ihn nur dazu bewegen sie auszuführen. Anders ausgedrückt... nicht reißen. Wenn beim Auslösen die Leinen gegen den Drachen knallen, lautes rascheln oder surren von dort zu hören ist war es meist zu doll.
- Trickflug ist eine Bewegungssache. Man muß arbeiten mit dem ganzen Körper, damit es klappt. Vor- und Zurückgehen um den Druck am Drachen anzupassen gehört dazu.
- Mit etwas mehr Druck im Drachen fliegen, damit man bessere Rückmeldung bekommt. Ist aber meine ganz eigene Erfahrung und wohl eher Geschmackssache.
Der Umstieg auf "den einen Drachen":
Drachen sind unterschiedlich und Drachenflieger sind auch unterschiedlich. Jeder kann meiner Ansicht nach seinen Drachen nur für sich selber finden. Wenn man also die ersten Tricks beherrscht, dann sollte man jede Chance nutzen um auch andere Drachen in die Hand zu nehmen. Dann aber nicht gleich den eigenen "Anfängerdrachen" verteufeln, sondern die Erfahrungen nur erstmal aufnehmen. Man muß zu seinem Drachen stehen, sonst wird es teuer und man kommt nicht weiter (mußte ich auch selber erfahren). Ich empfehle nicht ein Wettrüsten anzufangen und immer nach besseren Drachen zu streben. Es geht darum, dass man irgendwann vielleicht auf einen Drachen trifft, der einen Gefühlsmäßig und vom Handling besonders anspricht und auf den man sich voll einlassen möchte. Zippen und zickig ist jeder Drache irgendwo, aber genau das macht dann den Reiz aus. Sich darauf einlassen, einzustellen und richtig guten Trickflug damit zu machen. So wie man oft liest "etwas schenken" tut einem ein Drache meiner Ansicht nach nicht. Die Tricks erarbeiten muß man sich schon selber. Einzig das Gefühl dafür ist dann ein anderes. Deswegen bin ich nun auch dabei und habe mich von meinen Anfängerdrachen, den Merlins, getrennt und steige im Moment komplett um.
Fazit:
Ich hab noch viele Tricks zu lernen und an meinem Trickflug zu feilen, aber da ich nun den Punkt überwunden habe, wo ich den Drachen fühlen kann bin ich fest überzeugt, dass mit intensivem Zeiteinsatz und Arbeit ich einmal für meine Meßlatte den Trickflug gut beherrschen werde. Für mich ist der Weg auch das Ziel, immerhin macht es sehr viel Spaß auf der Wiese zu stehen und einfach zu fliegen. Ich wünschte dieser Text würde Einsteiger dazu motivieren mit einem besseren Drachen einzusteigen und vielleicht dann etwas Geld dadurch zu sparen.
Das Fazit von meiner Webseite möchte ich hier auch noch mal wiederholen... Jeder der Interesse hat sollte es zumindest einmal ausprobieren. Sprecht Drachenflieger an, es sind alles total nette Menschen und oft darf man einfach so probefliegen (...oder man kann meist zumindest ein Probefliegen organisieren).
Vielen Dank allen die diesen Text bis hierher gelesen haben. Ich hoffe es waren nicht zuviele Rechtschreibfehler drin, aber ist ja auch schon spät.
Soviel von mir. (Positives) Feedback ist erwünscht.
Ich wünsche allen ein super Wochenende,
Euer Peet.