In meiner guten Tradition möchte ich heute nach der - Thema gelöscht - und der Speedy II über die Montana berichten. Mittlerweile habe ich schon einige Wochen mit dem Schirm verbracht, jetzt möchte ich darüber schreiben.
Auch in diesem Erfahrungsbericht möchte ich nicht unerwähnt lassen das ich den Kite von meinem Oberzertifikatschefmattenjupp Aufwind Wuppertal käuflich erworben habe, und der auch andere Käufer nicht wegschickt, für Geld macht der alles! Wer unsicher ist, kann sich – anders als bei vielen anderen – auch eine 9.5er Montana ausleihen. Bisherige Shops haben irgendwie eher die 5er. Aber als Binnenlandkiter ist was größeres sicherlich besser! Hoch und weit springen würde ich zudem mit einem 5qm Montana sicher nicht, den 9.5er kann man da schon mehr gebrauchen ...
Die Montana, ein Schirm der im Voraus schon für einige Aufmerksamkeit sorgte, sollte er doch eine „billige Kopie“ eines Schirms eines anderen Herstellers mit schlechterer Verarbeitung sein. Dieses "Gerücht" (das sagt keiner mehr der die Montana geflogen ist) alleine das machte für mich schon einen gewissen Reiz aus. Wer mich kennt weiß zudem das ich markenbewusst bin, mir irgendwann HQ für mich als Marke ausgeguckt habe und da ich sowieso auf das ATB wollte, kam mir die Montana gerade gelegen. Wie wenig an dieser „Kopie“ Argumentation dran ist, zeigt sich bereits nach den ersten Schwüngen und festigt sich mit jeder weiteren Minute...
Der Bericht hier ist eine Schnittmenge von mehrwöchigem Prototyp Fliegen am Strand und auf der Wiese sowie einigen „Randmeinungen“ von Snowkite Profis. Das ist ja hier im Moment ziemlich angesagt . Erst gestern hatten wir ein „Depower Testival“ mit 2x Frenzy (05 & 06), 2x Montana, einer Speed, Venom und Access in vergleichbaren Größen von je +-10qm. Da ich selbst auf dem Schnee nicht die allerbeste Figur mache, habe ich meine auch gerne über die Woche und gestern den Schneeprofis überlassen, meine Einschätzungen stammen demnach eher von Standflügen oder vom Prototyp ATB / Buggy Fahren.
Die Montana wird zum direkt loslegen komplett mit Bar, Leinen, Rucksack, Reparaturzeug, Kurzanleitung (Field Card) Gurt, und Video CD geliefert. Auf der CD befindet sich ein 10min Video das den korrekten (Erst)Aufbau und den Abbau genau erklärt. Am Ende werden noch kurz die weiteren Produkte des Herstellers erwähnt.
Die Field Card erklärt einem den gesamten Kite mit allen Fachbegriffen und geht auf die unterschiedlichen Setups ein. Gerade davon hat die Montana reichlich, so kann man neben der Depowerbar und dem Adjuster den Kite zudem auch noch über eine 3-Stufen Knotenleiter an den Front Leader Lines (die Leinen in der Mitte die zum Chickenloop [wo der Kite am Trapez befestigt wird] gehen) trimmen. Auswirkungen auf die Fluggeschwindigkeit, die Power, Stabilität und die daraus resultierende Backstall Tendenz werden in einem Diagramm dargestellt. Grundinformationen zum Windeinsatzbereich und den technischen Daten zum Schirm an sich (Spannweite, Zellen, AR etc.) runden die Field Card ab. Insgesamt kann auch der Anfänger durch die guten Beschreibungen direkt warm werden mit dem Kite!
Der Rucksack war bisher bei allen HQ Kites mal mehr mal weniger die deutlichste Schwäche, während bei den ersten Beamer Rucksäcken sich die Reißverschlüsse von alleine öffneten, fielen die Crossfire Rucksäcke durch schlechte Nähte gleich Reihenweise auseinander, das ein Reißverschluss gar nicht mehr nötig wäre Hier scheint man dazu gelernt zu haben, der geräumige, bequeme und funktionale Montana Rucksack zeigt bisher keinerlei Schwächen. Das sollte er aber auch nicht, kann man am ihm doch zudem noch ein Snowboard oder Skier festschnallen.
Die robuste Carbon Bar ist mit 70cm länger als alle vergleichbaren Bars an den entsprechenden Depowerkites die ich bisher geflogen bin. Auf das an einem Vorserienschirm aufgetretene Problem mit dem Finger des Chickenloops wurde schnell reagiert, an der Serien Montana ist der Finger anders vernäht, nicht mehr perforiert und hält nun wie er sollte. Natürlich ist und bleibt dieser Finger ein Verschleißteil, gerade bei Minusgraden kann es immer passieren das der Finger bricht. Ausreißen wird er jetzt aber wohl nicht mehr. Die gut erreichbare Leashless Safty ist mit anderen vergleichbar, lediglich die Materialwahl ist abweichend. Der Release als auch Depower Strap am Adjuster ist ebenfalls gut erreichbar und – wie sonst schon mal aufgefallen – nicht zu verwechseln! Der Depower Strap ist zudem in rot deutlich hervorgehoben. Durch die vielen Trimmungsmöglichkeiten ergibt sich für die Montana auch ein großer Windbereich, so ist die 9.5er Montana von 2-6Bft. zu fliegen, je nach Skill natürlich!
Die Pulleys, sowie alle Leinen an der Bar selbst und zum Kite hin machen einen robusten Eindruck, lediglich einen „Überrollbügel“ bei den Pullys hätte ich zur Prävention von Fremdleineneinzug noch gerne gesehen. (damit diese einfach drüberrutschen und sich nicht verhaken können). Die 25m langen Leinen sind natürlich farbig unterschieden (Bremse), die Hauptleinen sind im Einheitsgrau. Leider lässt die Beschreibung die (empfohlene) Stärke der Leinen vermissen.
Der Schirm selbst wird „nach Gleitschirmstandard“ vermarktet, und genau so präsentiert er sich auch. Insg. lässt er keine Fragen offen, und braucht sich in keiner Form hinter irgendeinem anderen Produkt zu verstecken, er zeigt keinerlei Verarbeitungsschwächen, hier wurde ganze Arbeit geleistet und kein Kompromiss eingegangen. Die Waage ist selbstverständlich vernäht und die einzelnen Bereiche (A, Main, Break..) sind direkt farblich unterschieden. Auch dadurch sollte der Aufbau reibungslos gelingen.
So, fliegt er denn nun überhaupt und wie fliegt er? Ein kurzer Ruck an den Frontlines und der Kite füllt sich durch die verstärkten Öffnungen schnell mit Luft und steigt sauber nach oben. Der Grunddruck der Montana ist spürbar höher als der der Frenzy 06 in 10qm und subjektiv auch als bei der 12er Frenzy 05, die Frenzy 06 ist allerdings einen Tick agiler. Während man mit einer 16er Venom bei 3Bft mehr schlecht als recht nach vorne kommt, kann man mit der Montana bereits gut Gas geben. Die Stabilität der Montana überzeugt auf der ganzen Linie, natürlich ist die schon aufgrund der Bauform nicht mit einem Lynn vergleichbar, allerdings haben wir hier einen eingefleischten Lynn Skifahrer der mach einigen km Fahrt die Stabilität der Montana neben der Power doch deutlich hervorgehoben hat. Während bei dem einen oder anderen Manöver sowohl die 05er als auch die 06er Frenzy an den Wingtips klappt, bleibt die Montana stabil am Himmel. Gleiches zeigt sich am äußersten Windfensterrand, wo man die Montana ungesehen parken kann um mal was zu trinken oder zu essen. Hier hatte ich leider mit der Frenzy die eine oder andere „Zickigkeit“ feststellen dürfen. Gerade die 06er Frenzy lässt sich sehr leichtgängig fliegen, das hätte ich mir bei der Montana gewünscht, sie macht am Himmel einen robusteren, fast schon brachialeren Eindruck. Während ich mit der Frenzy jedes Manöver fliege überlege ich mir dies bei der Montana das ein oder andere mal lieber 2mal, da durch den schon höheren Grunddruck eine gänzlich andere Kraftentfaltung auftritt.
Die Depower ist leider nicht so effektiv wie bei der Frenzy / Venom, hier könnte noch was dran getan werden. Allerdings hat die Montana den gewissen Pull, den ich bei der „lieben Venom“ vermisse, die Montana ist direkt und macht sofort das was man will, während die Venom einen im Vergleich schon fast behutsam liftet!
Der Lift der Monana ist auch schon depowered deutlich spürbar, je nach Setup kann man über die Depowerbar einiges im Flug rausholen, aber wie gesagt nicht so effektiv. Der Lift und die Gleiteigenschaften sind von der Montana gut mit der Frenzy vergleichbar und beide Top, wobei ich persönlich auch hier die Montana bevorzuge, einfach weil der Pull höher ist. Man merkt einfach mehr an einem Schirm zu hängen, fühlt sich aber nicht unsicher, im Gegenteil. Zu empfehlen ist in jedem Fall vor dem einen oder anderen Sprung mal einen Blick nach oben zu wagen, der Schirm zeigt einem mit seinem aufgedruckten Gesicht was kommt
Die Barkräfte sind bei der Montana höher als bei allen vergleichbaren Kites. Durch den höheren Grunddruck steht man mehrfach aber auch vor der Frage warum man jetzt überhaupt noch powern sollte. Zumindest hatte unser „Skiass“ hier keinen Grund bei 50-60km/h noch zusätzlich anzupowern, zumal die zugeschneite Wiese bei den Geschwindigkeiten schnell sein Ende findet. Auch hier sei noch mal erwähnt das die Montana bei Extremmanövern (die notfalls eingeleitet werden mussten aber auch provoziert wurden) beim halsen auch in der Geschwindigkeit wie eine eins am Himmel steht, wohl der Hauptgrund für den „Lynn Kiter“ nach dem Preis zu fragen
Backstall Tendenzen (der Kite fliegt beim anpowern rückwärts statt anzupowern) waren nur bei deutlich abgeflachtem Wind (gerade 3Bft) sehr tief gestellt in einem Setup zu erzwingen.
Man kann den Kite also auch verstellen. Hier ist ein wenig Fingerspitzengefühl gefragt, die Field Card hilft einem aber weiter! Ich möchte hier noch mal erwähnen das die Montana durch die unterschiedlichen Setups sehr stark an den Flieger und die Verhältnisse angepasst werden kann, man sollte schon alles ausprobieren um sich ein Urteil zu bilden, da schon über die Knotenleiter die Montana 3 völlig verschiedene Charaktere zeigt in Sachen Power, Speed und Stabilität.
Und als letztes möchte ich noch für alle Einsteiger erwähnen die sich die in Frage kommenden Kites erstmal anhand des Preises raussuchen, das die Montana NICHT mit der Access zu vergleichen ist. Vielleicht schreibt noch der ein oder andere hier mal was über die Access. Die sind zwar preislich vergleichbar, das heißt aber nicht das die von der Leistung auch nur annähernd vergleichbar sind! Die Access ist mehr der kleine Bruder der Frenzy, die ich (in 10qm) nicht unter 5Bft auspacken würde, einfach weil man da „ins leere greift“.
Fazit: Die Montana ist ein überaus gelungener Schirm der viel zu günstig ist ;-), vor allem wenn man bedenkt (Achtung: HQ Fetisch!) das HQ als nicht Gleitschirmhersteller meines Wissens der erste am Markt ist der einen solchen Kite rausbringt. Das der dann auch noch bereits in der ersten Generation so gelungen ist schuldet Respekt. Die "Kopievorwürfe" dürften zu den Akten gehören, das Shape ist anders und das Flugverhalten ebenso. Wie jeder Schirm hat auch die Montana gegenüber den anderen Schirmen am Markt Vor- und Nachteile, ich hoffe die sind klar geworden!
Hui, doch was länger geworden